Bauen mit Holz - zeitgemäßer Holzbau

Gastbeitrag von Ing. Julian Schmid und Fritz Gillinger

 

Bis etwa ins 16. Jahrhundert war die Holzbauweise in Mitteleuropa vorherrschend. Erst später wurde sie mehr und mehr durch Lehm- und Steinbau verdrängt: Einerseits weil man Holz verstärkt für Heizzwecke benötigte und zur Erzeugung von Holzkohle für die Eisenindustrie brauchte. Andererseits, weil in dieser Zeit gerne die mediterane Bauweise kopiert wurde. Und dort ließen knappe Holzvorkommen bevorzugt Häuser in Steinbauweise entstehen.

Ein Grund für das manchmal schlechte Image der Holzhäuser ist in der Nachkriegszeit zu suchen. Damals führten Geldnot und Rohstoffmangel zu einer minderwertigen Bauweise. Mangelhafte bis gar keine Wärmedämmung sowie undichte Gebäudehüllen führten zum sogenannten "Barackenklima". Die Auswirkungen: enorme Überhitzung im Sommer und unerträgliche Kälte im Winter bei unangenehm niedriger Luftfeuchtigkeit und kalten Außenwänden. Mit diesen Klimaverhältnissen haben moderne Holzhäuser nichts mehr zu tun...

Holzbau in Österreich

Das Waldland Österreich liegt beim Holzbau weit hinter anderen Nationen zurück. Dies zeigt ein Vergleich der Marktanteile von Holzhäusern am gesamten Wohnbau:

Holzanteil im Wohnbau
USA und Japan: 50 %
Neuseeland und Norwegen: 95 %
Österreich: 5 %

Holz hat sich über Jahrhunderte als Konstruktions- und Baumaterial bewährt. Heute kommen Häuser aus dem hochwertigen und umweltschonenden Baustoff Holz auch bei uns in Mode. Durch das steigende Energiebewußtsein in der Bevölkerung gibt es auch eine eindeutige Entwicklung hin zum Niedrigenergiehaus.

In Österreich wächst derzeit wesentlich mehr Holz nach, als dem Forst entnommen wird. Ökologische Forderungen nach einer nachhaltigen Wirtschaftsweise können beim Holzbau perfekt erfüllt werden. Außerdem: Der Baustoff Holz ist regional vorhanden. Das eröffnet Chancen für die heimische Landwirtschaft und das Gewerbe. Häuser aus Holz sind somit ein Beitrag zur regionalen Wertschöpfung und erhalten Arbeitsplätze in der Region. Holzhäuser sind bereits beim Bau ein Beitrag zum Klimaschutz. Da der Baustoff "vor Ort" zur Verfügung steht, ergeben sich kurze Transportwege.

Noch dazu sind Holzhäuser mit sehr geringem Energieaufwand herzustellen. Im Vergleich zu einer zweischaligen Ziegelkonstruktion mit Kerndämmung ist nur ein Viertel der Primärenergie nötig. Mit dieser Primärenergieeinsparung alleine könnte ein Niedrigenergiehaus jahrelang beheizt werden!
Nicht zuletzt hat ein Baum in seinem Leben große Mengen an Sauerstoff produziert und CO2 gebunden. Letzteres bleibt für die Lebensdauer des Hauses weiter gespeichert.

Je nach Konstruktion, Fertigungstechnik und Erscheinungsbild werden im Holzbau mehrere Bausysteme unterschieden. Im Wesentlichen teilt man Holzhäuser in vier Typen ein: Blockbau, Fachwerkbau, Ständerbau und dessen Weiterentwicklung als Rahmenbau.

Holz, kritisch betrachtet

Holz hat dennoch keinen "Öko-Persilschein". Chemisch überlasteter Holzschutz, energieaufwendige Verfahren zur Holztrocknung und Herkunft aus Regenwäldern können die Vorteile des Baustoffes Holz ins Gegenteil umkehren.

Brandschutz

Diskussionen gibt es beim Thema Brandschutz. Während die einen meinen, daß die Lockerung der Brandschutzbestimmungen zur Förderung des Holzbaus beinahe schon gefährlich ist, kontern die anderen damit, daß selbst Feuerwehrhäuser aus Holz errichtet werden. Holz hat im Unterschied zu anderen Baumaterialien ein berechenbares Abbrennverhalten und ermöglicht den Feuerwehrleuten eine realistische Abschätzung der Gefahr. Unfallstatistiken beweisen, daß bei den meisten Wohnungs- und Häuserbränden die größte unmittelbare Gefahr nicht vom Feuer selbst ausgeht, sondern von den Rauchgasen, die durch Kunststoffe in Bodenbelägen, Möbeln oder Textilien entstehen.

Schallschutz

Wer kennt es nicht: Das Knarren der Fußbodens, das durch das ganze Haus schallt, auch wenn man sich im ersten Stockwerk noch so bemüht, leise zu gehen.
Mangelnder Trittschallschutz von Holzdecken hat ihre Ursachen vor allem im geringen Gewicht der Decke und in den Koppelstellen. Ein mehrschichtiger Aufbau von schweren Materialien wie Beton- oder Lehmplatten, Kies oder Sand und die Kombination mit einer Trittschalldämmung kann das Problem lösen.

Speichermasse kontra Holzhaus

Häuser in Holzbauweise weisen im Gegensatz zu Massivbauten eine geringe Masse auf. Für ein Einfamilienhaus, vom Keller bis zum Dach in Massivbauweise ausgeführt, errechnete man eine Gesamtmasse von mindestens 120 t. Im Gegensatz dazu kommt ein Holzhaus auf höchstens 50 t, wobei die Masse ab Oberkante Kellerdecke nur rund 20 t ausmacht. Doch die Masse hat auch eine Funktion. Sie verzögert nämlich das Aufheizen und Abkühlen eines Gebäudes. (In der Vergangenheit wurde ein Überhitzen der Holzhäuser im Sommer der fehlenden Speichermasse zugeschrieben.)
Jedoch ist bei einer guten Planung die Speichermasse für ein ausgewogenes Raumklima nur mehr eingeschränkt erforderlich. Speichermassen lassen sich auch über massive Mittelmauern, durch Betonestriche mit Fliesen, durch Vormauerungen, Putze oder schwerere Innenbeplankungen verwirklichen.

Energie-Sparmeister

Holzrahmenkonstruktionen werden den hohen Anforderungen an den Wärmeschutz eines Niedrigenergiehauses gerecht, da praktisch die gesamte Außenwand aus Dämmstoff besteht [Anm.d.Redaktion: Achten Sie deshalb auf einen möglichst geringen Rahmenanteil]
Ein Materialvergleich: Um einen U-Wert von 0,25 zu erreichen, müsste eine Wand aus Stahlbeton rund 8 Meter dick sein, eine aus Klinkerziegel rund 4 Meter. Bei älteren Porenziegel sind es immer noch etwa 70 cm, bei Vollholz/Fichte gut 50 cm, während der gleiche Wert bei einem Standard-Dämmstoff bereits bei 16 cm erreicht wird.

[Kommentar der www.energiesparhaus.at-Redaktion zum letzten Absatz: Bei heute üblichen hochporosierten Ziegeln werden mit einem 38er-Ziegel ebenfalls U-Werte um 0,25 erreicht, bei einem 50er-Ziegel sogar herunter bis 0,16 W/m²K.
Annahmen für obigen Vergleich: Wärmeleitzahl Dämmstoff 0,04 W/mK, Stahlbeton 2,1W/mK, Klinkerziegel 1 W/mK, Vollholz 0,13 W/mK, ältere Porenziegel 0,2 W/mK.]

Blower-Door-Test

Ein direkter Luftdurchgang durch die Außenbauteile führt zu einer erheblichen Minderung des Wärmeschutzes, weil die Energie quasi unter Umgehung der Dämmung das Gebäude verlässt. Auf eine wind- und luftdichte Gebäudehülle muss unbedingt geachtet werden. Mit einem Drucktest (Blower-Door-Test) lässt sich die Luftdichtheit messen. Eventuelle Schwachstellen können rechtzeitig erkannt und nachgebessert werden.