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Rechtssicherheit Baubewilligung [NÖ]

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  •  Tic
  •  [NÖ]
  •  [Niederösterreich]
27.8. - 29.8.2018
7 Antworten | 4 Autoren 7
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Hallo!

Aus einer Diskussion raus, bin ich mir jetzt wieder nicht sicher, was die Rechtssicherheit einer Baubewilligung an geht.

Ich habe bisher es so vernommen, dass wenn eine Baubewilligung vorliegt und ich mich daran halte, davon ausgehen kann, dass ich auch in X Jahren nicht zum Abriss wegen eines Fehler in der Bewilligung gezwungen werden kann.

Nun habe ich von einem Fall in Wien gehört, wo eine vorhandene gültige Baubewilligung nun vom OGH aufgehoben wurde - kann das sein? und wer haftet in so einem Fall?

Ich bin in NÖ unterwegs, gibt es da Unterschiede zu Wien?

  •  Karl10
  •   Gold-Award
27.8.2018  (#1)

zitat..
Tic schrieb: Ich habe bisher es so vernommen, dass wenn eine Baubewilligung vorliegt und ich mich daran halte, davon ausgehen kann, dass ich auch in X Jahren nicht zum Abriss wegen eines Fehler in der Bewilligung gezwungen werden kann.


Genau, so is es!

zitat..
Tic schrieb: Nun habe ich von einem Fall in Wien gehört, wo eine vorhandene gültige Baubewilligung nun vom OGH aufgehoben wurde


Da muss man jetzt noch ein bisschen präzisieren:
Du meinst wirklich "OGH" - also Oberster Gerichtshof?
Der OGH ist für Zivilrechtsverfahren zuständig und nicht für Verwaltungsrecht. Der OGH kann somit keine Baubewilligung aufheben, weil er für die Verwaltungsrechtsmaterie "Baurecht" gar nicht zuständig ist!
Das muss man auseinanderhalten: es sind 2 verschiedene Rechtsmaterien, die voneinander unabhängig sind. Das heißt aber auch, dass nach jeder Rechtsmaterie jeweils eine Entscheidung geben kann, die sich im Ergebnis widersprechen.
D.h. du kannst eine Baubewilligung haben (die auch immer aufrecht bleibt), aber zivilrechtlich (also bei Gericht) kann bei einem Rechtsstreit (allerdings nicht nach Baurecht) rauskommen, dass der Bau weg muss, oder anders gebaut werden muss oder anders genutzt werden muss udgl. Das heißt aber nicht, dass die Baubewilligung (der Baubehörde) "aufgehoben" ist, sondern, dass nach einer anderen Rechtsmaterie irgendwas an dem Bau halt nicht passt.

Wäre sicher besser erklärbar, wenn man das Erkenntnis des OGH kennen würde!

 




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  •  Tic
27.8.2018  (#2)

zitat..
Karl10 schrieb: D.h. du kannst eine Baubewilligung haben (die auch immer aufrecht bleibt), aber zivilrechtlich (also bei Gericht) kann bei einem Rechtsstreit (allerdings nicht nach Baurecht) rauskommen, dass der Bau weg muss, oder anders gebaut werden muss oder anders genutzt werden muss udgl. Das heißt aber nicht, dass die Baubewilligung (der Baubehörde) "aufgehoben" ist, sondern, dass nach einer anderen Rechtsmaterie irgendwas an dem Bau halt nicht passt.


Aber was genau bedeutet das dann für eine Privatperson. Auf der einen Seite, passt meine Baubewilligung und mein Haus, und auf der anderen Seite muss es weg? Wer haftet in so einem Fall? Immerhin befolge ich ja nur, was eine Behörde mir genehmigt/aufgetragen hat.


zitat..
Karl10 schrieb: Wäre sicher besser erklärbar, wenn man das Erkenntnis des OGH kennen würde!


Ich werde versuchen, mehr über den konkreten Fall rauszufinden.


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  •  Karl10
  •   Gold-Award
27.8.2018  (#3)

zitat..
Tic schrieb: Aber was genau bedeutet das dann für eine Privatperson.


Mit "Privatperson" hat das jetzt nichts zu tun. Was meinst damit?


zitat..
Tic schrieb: Auf der einen Seite, passt meine Baubewilligung und mein Haus, und auf der anderen Seite muss es weg?


Nochmal ganz grundsätzlich: es kommt vor, dass für ein und das selbe Vorhaben verschiedene Rechtsmaterien zuständig sind: du brauchst z.B. eine Baubewilligung (nach Baurecht)
und weiters eine Wasserrechtsbewilligung nach Wasserrecht und eine naturschutzrechtliche Bewilligung nach NAturschutzgesetz. Weiters musst du z.B. die Landestierschtuzverordnung (z.B. bei einem Stall für Nutztiere) einhalten.
Jedes Gesetz hat verschiedene Zielsetzungen und Regelungsinhalte. Letztlich ist dein Vorhaben dann tatsächlich umsetzbar und auf Dauer "sicher", wenn es allen Rechtsmaterien, die dafür zuständig sind, entspricht bzw. eine Bewilligung hat. Es kann sein, dass dein Vorhaben den baurechtlichen Regeln entspricht, aber nach Wasserrecht nicht genehmigungsfähig ist.
Baurecht allein ist nicht immer alles!!
Und so gibt es halt auch noch ein Zivilrecht - z.B. das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB).
Das regelt auch gewisse Dinge, mit denen man bei/mit einem Bauvorhaben in Konflikt kommen kann.
Und so beantwortet sich die nächste Frage ganz von allein:


zitat..
Tic schrieb: Wer haftet in so einem Fall?


Na, wer schon? Der Bauherr natürlich! Er muss mit seinem Bauvorhaben die Gesetze einhalten. Und zwar nicht nur die Bauordnung, sondern auch alle anderen, die in Frage kommen.

Aber wie gesagt: ich würde das gerne an einem konkreten Beispiel erläutern.


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  •  Sektionschef
  •   Gold-Award
28.8.2018  (#4)
Was wäre ein Beispiel dafür, wenn ein Haus dem Baurecht entspricht aber wegen  einer zivilrechtlichen Klage abgerissen werden muss?
MfG
Sektionschef

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  •  chester_
28.8.2018  (#5)
Z.b. nach dem Salzburger Baurecht hat man als Grundstückseigentümer keine Parteistellung Bauverfahren. Das heisst Mehrparteienhaus wird ein Um- und Anbau genehmigt die Miteigentümer sind nicht mal Teil des Verwaltungsverfahrens. Nach dem Wohnungseigentumsgesetz jedoch können die Miteigentümer sehr wohl gewisse Rechte geltend machen. Hier hat man dann vermutlich dann kein kleines Problem sollten die Zustimmungen der Miteigentümer nicht erfolgen, auch mit rechtskräftiger Baubewilligung. 

Ist jetzt nur ein Beispiel, Karl10 kann sicher mehr berichten.

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  •  Tic
28.8.2018  (#6)

zitat..
Karl10 schrieb:
Aber wie gesagt: ich würde das gerne an einem konkreten Beispiel erläutern.


So wie aussieht, dürfte es aufgrund von Beschwerden (Licht, Lärm, ...) von Nachbaren gewesen sein, aber wirklich was genaueres weiß ich noch nicht, werde weiter probieren mehr Infos zu erhalten.

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  •  Karl10
  •   Gold-Award
29.8.2018  (#7)

zitat..
Sektionschef schrieb: aber wegen einer zivilrechtlichen Klage abgerissen werden muss?


Naja, der Abbruch is jetzt wirklich der Extremfall. Meist wirds um Nutzungsbeschränkungen und gewisse Anpassungen gehen.

Wie Tic jetzt schon angedeutet hat, sind es oft Fälle mit "ortsunüblichen" Immissionen.
Die werden in der Regel auch im Bauverfahren behandelt. Allerdings sind die Maßstäbe hier nicht ganz ident mit dem Immissionsschutz des Zivilrechts und - was noch schwerer wiegt - im Bauverfahren ist die Beurteilung der Immissionen in Form einer Prognose im Vorhinein rein aus dem Projekt heraus vorzunehmen. Das Zivilrecht (im Konkreten § 364 ABGB) greift erst nachher; da muss es die konkrete Belästigung bereits geben.
Und so kann es kommen, dass eine Baubewilligung korrekt erteilt wurde und dass nach Errichtung und Inbetriebnahme eine Unterlassungsklage nach § 364 ABGB zur (nachträglichen) Einschränkung eines baurechtlich rechtskräftig bewilligten und der Baubewilligung entsprechend errichteten und genutzten Bauwerkes kommt. (von "Abbruch" sind wir hier allerdings weit entfernt).



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