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Erfahrungsbericht nach 12 Jahren Passivhaus

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  •  mikerg
25.8. - 16.12.2018
6 Antworten | 4 Autoren 6
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Hallo an alle,

die meisten Beiträge hier im Forum sind von Schreibern, die noch in der Planungsphase sind - nach der Fertigstellung lässt die Aktivität in solchen Foren meistens nach. Das ist insofern schade, als gerade die Erfahrungen nach einigen Jahren wohnen im Passivhaus für jene von Nutzen sein könnten, die sich noch in der Planungsphase befinden. Ich hoffe, dass dieser Beitrag dem genannten Ziel dient.

Haus weitgehend selbst vorgeplant (Grundrisse und Energiekonzept), Beauftragung einer lokalen Zimmerei als GU, Baujahr 2006, Tirol, auf 900m Seehöhe, 150 qm EFH, Ausrichtung fast exakt nach Süden. Bodenplatte auf Schaumglasschotter, Trockenestrich, Aussenwände Kreuzlagenholz 10cm plus 24cm Steinwolle verputzt, Holz/Alu-Fenster Dreifachverglasung (0.5), Wodtke Ego Stückholzkaminofen mit ext. Zuluft als einzige Heizung im Haus (max. Heizleistung 7 kw, steht im EG im Bereich der Holztreppe zum OG). Warmwasser über Solar. KWL: Hoval Homevent mit Feuchtigkeitsrückgewinnung. Eigenleistungen: Trockenestrich, Bodenbeläge, Fliesen, Malen.

Im Sommer ist es im Haus angenehm kühl, Temperatur steuerbar über Querlüftung in der Nacht - auch bei längeren Hitzeperioden im Haus nicht über 21 Grad. Im Winter je nach Aussentemperatur und Sonneneinstrahlung 0-2mal Einheizen pro Tag mit ca. 4-8kg Holzbriketts, Gesamtholzbedarf je nach Winter zwischen 400 und 700kg, das entspricht Heizkosten von ca. 100-200 Euro/Jahr. Ofen heizt schnell auf und speichert selbst kaum, Speichermasse ist das Haus. Entgegen hier geäusserten Meinungen dennoch keinerlei Probleme betr. Überhitzung. Das Wohnklima im stark gedämmten Holzmassivhaus ist äusserst angenehm, kein Vergleich zu herkömmliche Beton- oder Ziegelhäusern. Selbst bei -20 Grad sind die Oberflächen der Aussenwände angenehm warm, keinerlei Kältegefühl, wenn man sich in der Nähe aufhält.

Aufgrund beruflicher Veränderung ist das Haus seit einigen Jahren nicht mehr durchgehend bewohnt. Niedrigste gemessene Temperatur im Haus nach drei Wochen Abwesenheit (und ohne jegliche Beheizung, KWL schalten wir während Abwesenheit ab) war 14 Grad. Mit dem Kaminofen und einer Ladung im Wäschetrockner war das Haus innerhalb weniger Stunden wieder über 20 Grad. Üblicherweise sind wir jedes Wochenende dort, spätestens jedes zweite Wochenende - dann liegt die Temperatur im Winter üblicherweise bei ca. 17 Grad. Mit dem Kaminofen könnte auch im unwahrscheinlichen Fall eines längeren Stromausfalls (wenn mittels Fenster anstelle der KWL KWL [Kontrollierte Wohnraumlüftung] gelüftet werden müsste) die Temperatur im Haus im angenehmen Bereich gehalten werden, und Holz gibts im Krisenfall im angrenzenden Wald zur Genüge...

Notwendige Wartungsarbeiten bisher: Alle paar Jahre Kältemittel nachfüllen bei der WW WW [Warmwasser]-Solaranlage, jährlicher Filterwechsel KWL KWL [Kontrollierte Wohnraumlüftung], Rotortausch KWL KWL [Kontrollierte Wohnraumlüftung] nach 11 Jahren, alle paar Jahre Dichtungen beim Ofen ersetzen, nach 12 Jahren jetzt einige Schamottesteine und eine Metallplatte beim Ofen ersetzt.

Zusammenfassung: Wir würden jederzeit wieder genau so bauen!

Michael

  •  Gast-Karl
  •   Gold-Award
28.8.2018  (#1)
Inwieweit stimmt euer Verbrauch mit dem Energieausweis überein?

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  •  alpenzell
  •   Gold-Award
28.8.2018  (#2)
Respekt, da warst du 2006 aber dämmtechnisch schon ganz vorn dabei.
Mich interessiert der Ofen. Welche Heizleistung war denn berechnet wurden. Die 7kW klingen doch schon nach sehr viel.
Ein Grundriss wäre auch prima, das man mal sieht wo der Ofen steht. Habt ihr viele offene Räume? Ich versteh noch nicht, wie die Wärmeverteilung läuft. Super wären dann auch die resultierenden Temps in den Räumen. Ich würde ja mal vermuten, dass am Standort des Ofens schnell mal 24° sind und in anderen Räumen dann nur 20°??? Wie macht ihr das im Bad.
Danke für die Erfahrungen.

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  •  mikerg
28.8.2018  (#3)
Ad Energieausweis: Den gab es damals mW noch nicht in der heutigen Form. PHPP-Berechnungen habe ich selbst gemacht, die lagen bei einem HWB von 19. Für die Einreichung (WBF) wurde gem. deren abweichenden Richtlinien ein HWB von 14 ermittelt. 

Grundrisse hänge ich an (sorry für Qualität, kein Scanner hier, daher Handyfotos, aber für diesen Zweck vermutlich ausreichend). Ofen steht zentral "halb unter der Treppe". Temperaturunterschiede zwischen den Räumen sind gering und viel stärker von solaren Einträgen abhängig als vom Ofen, dessen Wärme sich rasch verteilt. Durch den offenen Grundriss unten und den Standort unter der Treppe gibt es nicht den "einen Raum, in dem der Ofen steht", und der überhitzen könnte. Bad ist nordseitig, dort ist es deshalb (gewünscht) wärmer als in den anderen Räumen, weil dort der Wäschetrockner steht, dessen Abwärme dafür sorgt, dass es im Bad dauerhaft ca. 2 Grad wärmer ist als im Rest des Hauses. Luftströme der KWL KWL [Kontrollierte Wohnraumlüftung] gehen von Süd (Zulufträume) nach Nord (Ablufträume). 

Ad Heizlast: 4kW wären sicher ausreichend, die 7kW waren damals eine Art "Sicherheitsreserve für Abweichungen zwischen Theorie und Praxis" (allzuviel Erfahrungswerte mit Häusern ohne konventionelle Heizung hatte der Zimmerer auch noch nicht, obwohl er unter den "early adopters" betr. Niedrigenergie- und Passivhaus war). Die Auswahl an raumluftunabhängigen Öfen war ebenfalls extrem überschaubar, und preislich war der Unterschied zwischen höherer oder geringerer Heizleistung ebenfalls irrelevant. Im Nachhinein bin ich froh darüber, die 7kW genommen zu haben, weil nach längerer Abwesenheit das Haus natürlich schneller wieder auf Betriebstemperatur gebracht werden kann, wenn die Maximalleistung genutzt wird. Bei dauerhafter Bewohnung reichen auch 40-50% der Maximalleistung völlig aus (d.h. Beschickung mit nur halber Holzmenge). Wir haben im Winter meist um 21 Grad im Haus (Bad ca. 22-23), und auch nach extrem kalten Nächten (einmal -27 Grad) liegt die Temperatur am Morgen über 20.


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  •  alpenzell
  •   Gold-Award
28.8.2018  (#4)
Danke für die Nachträge. Sehr spannend. 
Wenn ich es richtig verstehe, steht der Ofen im EG in der Diele. Temperaturverteilung hört sich prima an, hätte nicht gedacht, dass das so funktioniert.
Wie macht ihr Warmwasser?
Wir sind gerade am fertig stellen unseres zweiten Hauses. Passivhaustaugliche Bauteile, aber viel zu viele Fensterflächen um ein Passivhausniveau zu erreichen. Ich finde Praxiserfahrungen hier aber prima für Interessenten. Gerade das Thema Heizung/ Kühlung ist im Forum ja doch zentral.

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  •  mikerg
28.8.2018  (#5)
Ja, der Ofen steht dort, wo am EG-Grundriss bei der Treppe (klein) "Ofen" steht. Warmwasser mit Solarthermie.

Fensterflächen haben wir auch nicht wenig, die südseitigen Fenster sind alle raumhoch (teils Fenster, teils Fixverglasung), das heißt im EG 2.50m und im OG 2.85m hoch...

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  •  moef
  •   Silber-Award
16.12.2018  (#6)

zitat..
mikerg schrieb: kein Vergleich zu herkömmliche Beton- oder Ziegelhäusern


Die Anbieter von Ziegelhäusern, wie z.B. Liatop Ziegeln, bringen als Argument, dass ihre Bauweise Speichermasse bietet und damit angenehme Strahlungswärme und geringe Temperaturschwankungen bewirkt. Ich würde sagen der Wohlfühlgrad hängt von der Luftzuggeschwindigkeit ab. Das ist bei Flächenheizungen sicher besser als bei punktuellen Heizungen. Für den Fall, wo du es als Wochenendhaus verwendest ist die Holzwand wegen der schnelleren Aufheizung ein Vorteil. 

Ein 200 m2 WNF Haus mit Liatop 38 (nur 15 cm Dämmung), Wärmepumpe und RGK RGK [Ringgrabenkollektor] wird hier um 160 EUR / Jahr auf 22° RT permanent temperiert. 

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