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Baubescheid naträglich wieder aufgehoben?

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  •  Amateure
16.3. - 23.3.2022
20 Antworten | 10 Autoren 20
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Wir haben einen gültigen Baubescheid und nun zu bauen begonnen, im Zuge dessen hat sich herausgestellt, dass nicht alle Nachbarn von der Gemeinde verständigt wurden. Der Bau SV von der Gemeinde hat jetzt Stress deswegen und will noch schnell von allen Unterschriften einholen (3 von 4 haben das auch schon, einer zögert noch). Er meint außerdem er ist jetzt auf einen Fehler draufgekommen (Stiege vom Carport runter in den Garten dürfe wegen Paragraph 52 (3) 3 der nö. Bauordnung nicht an der Grundgrenze sein) und der Bescheid ist "von Nichtigkeit bedroht", wir müssen die Stiege streichen lassen oder er muss den Bescheid aufheben (egal ob der eine Nachbar jetzt noch einverstanden ist oder nicht).

Jetzt meine Fragen:
1. Kann er den Bescheid jetzt wirklich im Nachhinein wieder aufheben bzw. er deswegen einen Baustopp veranlassen?

2. Bedeutet Paragraph 52 (3) 3, dass bei der Grundgrenze keine Treppe runter sein darf (obwohl das Carport bzw. genaugenommen das befahrbare Nebengebäude, von dem die Außentreppe runter geht legal an der Grundgrenze steht)? 

Danke!

  •  bautech
  •   Gold-Award
17.3.2022  (#1)
Nö... Auszug der NÖ Bauordnung:

Balkone, Schutzdächer, Treppenanlagen und Treppenhäuser sowie Aufzugsanlagen
-
bis zur halben Breite des Bauwichs, jedoch nicht mehr als 2 m, und
-
bis zu einer Gesamtlänge je Geschoß von nicht mehr als einem Drittel der Gebäudelänge des Hauptgebäudes ohne Vorbauten, jedoch nicht mehr als 5 m,
 
Also doch, wenn die Treppenanlage länger als 5m oder breiter als 2m wäre (vereinfacht gesagt)... um das genauer zu beurteilen würde ein Planausschnitt hilfreich sein 


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  •  Amateure
17.3.2022  (#2)
Ok so hätt ich mir das eh auch gedacht (Stiege < 2 m/ 5m). Waren uns nur nicht sicher ob "bis zur halben Breite des Bauwichs" vielleicht bedeutet, dass die Anlage nur in der (vom Grund aus gesehen) inneren Hälfte liegen darf.

Anbei die Ausschnitte vom Einreichplan.

Problem ist dann aber trotzdem, dass der von der Gemeinde sich sicher ist, dass das nicht rechtens ist und er droht, dass er den Bescheid aufheben lässt, wenn wir nicht vorbeikommen und die Stiege rausstreichen lassen. Einen Baustopp mitten drin wollen wir natürlich unbedingt vermeiden, selbst wenn wir im Nachhinein vielleicht recht bekommen würden, also wissen wir jetzt nicht wie wir weiter vorgehen sollen.. 🤔


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  •  Tomo8
  •   Bronze-Award
17.3.2022  (#3)
Wielange ist denn dein Gebäude auf dieser Seite? Geht sich das mit der 1/3 Regel aus? 

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  •  Thuata
17.3.2022  (#4)
Da müsste ja Karl10 sich besser auskennen - aber wurde nicht schon mehrfach hier im Forum gesagt, dass du nichts für Fehler beim Baubescheid kannst die die Gemeinde verursacht hat - und deswegen halt dieser auch nicht "aufgehoben" werden kann? Rechtssicherheit und so...

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  •  hartbau
  •   Bronze-Award
17.3.2022  (#5)
Ist seine Mauer\Hecke höher als eure Stiege? Was sind seine Bedenken?

Vielleicht will er nicht, dass ihr beim Durchgehen über den Carport in seinen Garten\Haus sieht.

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  •  ds50
  •   Silber-Award
17.3.2022  (#6)
Mich würde das auch schwer interessieren, ob die Gemeinde im Nachhinein einen Bescheid nichtig machen kann.

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  •  alexlnoe
17.3.2022  (#7)
Der Bescheid ist bewilligt, daher musst du dich darauf verlassen können das die Baubehörde das ausreichend geprüft hat und du danach bauen darfst. Nicht dein Problem.
 

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  •  Ajko
17.3.2022  (#8)
Grundsätzlich gilt, dass wenn ein Bescheid erlassen worden ist, du dich auch auf die Rechtswirksamkeit verlassen kannst und den Bau beginnen kannst.
Es gibt aber die möglichkeit einer Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen § 69 AVG und auch durch Nachbarn, die nicht verständigt wurden, sozusagen, übergangene Partei. 

Die Wiederaufnahme ist nur möglich, wenn die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist, bei einem Bescheid im eigenen Wirkungsbereich ist das Rechtsmittel die Berufung, diese ist innerhlab 2 Wochen zu machen. Also erst mit dieser Frist könnte eine Wiederaufnahme stattfinden.

Ich denke aber nicht, dass einer der Gründe im § 69 AVG anwendbar ist. 

Ungeachtet dessen kann selbst mit einer Wiederaufnahme ein Baustopp nicht verhängt werden. Das heißt du dürftest den Bau fortsetzten bis eventuell eine Wiederaufnahme erledigt wird falls überhaupt so eine angestrebt werden kann, was ich nicht denke.

Sollte ein Baustopp erlassen werden und das zu Unrecht und dir auch Kosten dadurch entstehen kannst du dagegen natürlich auch vorgehen. 
Ich würde falls ein Baustopp mittels Bescheid einhergeht, sofort ein Rechtsmittel einlegen und mir das nicht gefallen lassen.

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  •  Amateure
17.3.2022  (#9)
Das was Ajko schon geschrieben hat kann ich mittlerweile auch bestätigen, also ein rechtsgültiger Bescheid bleibt gültig, selbst wenn etwas übersehen wurde, was der Bauordnung widersprechen würde.

Anders schaut's allerdings aus, wenn ein Verfahrensfehler vorliegt. Dass daraus nicht unmittelbar ein Baustopp folgen würde ist schon einmal beruhigend.

Wenn ich Paragraph 69 AVG richtig lese, könnte man den zur Wiederaufnahme des Verfahrens anwenden, allerdings nur wenn es zu einem anderen Bescheid geführt. Von daher bleibt meine Frage, widerspricht die Stiege dort der nö. Bauordnung? Habe von unterschiedlichen Fachleuten leider unterschiedliche und gegensätzliche Aussagen dazu bekommen.  
Die Treppe ist kürzer als 1/3 der Gebäudelänge des Hauptgebäudes - mit diesem allerdings nicht direkt verbunden, falls das relevant ist.

Witzigerweise haben beide Nachbarn eine Treppe an der Grundstücksgrenze. Zugegebenermaßen aber deutlich weniger hoch in der Luft.




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  •  Ajko
18.3.2022  (#10)
Ich glaube da würde sich vielleicht ein externer Bau Sachverständiger lohnen, auch wenn das natürlich mit Kosten verbunden ist.
Oder man zeigt dem Bauamt die Treppen der Nachbarn. Ist leider eine schwierige Entscheidung, aber auf jeden Fall ist die Gemeinde am Zug, da die dies begründen muss und sollte deren SV auf eine andere Meinung kommen kannst du dies mit einem externem Sachverständiger Gutachten revidieren da Gutachten gleichwertig sind. 

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  •  ds50
  •   Silber-Award
18.3.2022  (#11)
Also, ich warte da jetzt auf Fakten von Karl10.
Ich VERMUTE aber, daß du garnichts begründen musst oder einen SV brauchst, da ja schließlich du einen gültigen Baubescheid hast. Da können sie kopfstehen...

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  •  flomax
  •   Gold-Award
18.3.2022  (#12)
Also ich kann dir nur sagen dass mein Schwiegervater  ebenfalls einen gültigen Baubescheid durch die Gemeinde ausgestellt bekommen hatte. Es gab von Anfang an Probleme mit dem Nachbarn, der hatte wärend der Bewilligungsphase andauernd Einspruch erhoben.
Alles wurde zig mal geprüft, danach kam der Baubescheid. Das ganze ging dann zum Landesverwaltungsgericht nach St. Pölten mit Verhandlung. Ergebnis Baubescheid aufgehoben!

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  •  Karl10
  •   Gold-Award
18.3.2022  (#13)
Ich denke, in den obigen Beiträgen stehen jede Menge Fehleinschätzungen. Werde da jetzt nicht jede einzelne Aussage kommentieren, sondern schlage vor, (fast) alles bisher Gesagte abzuhaken und nochmal von vorne zu beginnen.

1. Es wird ständig von § 52 Abs. 3 NÖ Bauordnung gesprochen. Dieser Paragraf regelt "VORBAUTEN". Ich frage mich, ob diese Stiege, so wie sich das in den obigen Plänen zeigt, überhaupt ein "VORBAU" im Sinne des §52 ist? Was wird in dieser Bestimmung nämlich geregelt? Es gibt Grenzen für die Situierung eines Gebäudes (Straßenfluchtlinie, Bauwich), welche dieses Gebäude nicht überragen darf.  Somit ist die erste Voraussetzung für die Heranziehung der "Vorbauten"-Regelungen", dass das Gebäude an sich nicht über die Grenze drübersteht (also z.B. nicht in den seitlichen Bauwich ragt). §52 regelt dazu nun gewisse Ausnahmen, nämlich für untergeordnete, vorspringende Teile dieser Gebäude, die dann ausnahmsweise sehr wohl in den Bauwich ragen dürfen (z.B. Gesimse, Dachvorsprünge, Lichtschächte, Balkone, Schutzdächer usw.). Das sind allesamt Bestandteile jenes Gebäudes, das als solches aber außerhalb des Bauwichs stehen muss. So wie ich die obigen Pläne sehe, ist eine solche Situation hier nicht gegeben, d.h. es handelt sich meiner Meinung um keinen Fall für die Anwendung der Vorbautenregelung des § 52! (ich denke, dass diese Stiege nach § 51 Abs. 5 NÖ BO zu beurteilen gewesen wäre).

2. Das 2. Thema hier sind sogenannte "übergangene Nachbarn", weil man sie im Bewilligungsverfahren nicht "verständigt" (§ 21 Abs. 1 NÖ BO) hat. Dazu sagt § 6 Abs. 7 NÖ BO zunächst eindeutig, dass solche Nachbarn ab Baubeginn ein Jahr lang ihre (formale) Parteistellung behalten. Das hat zur Folge, dass diese übergangenen Nachbarn in diesem Zeitraum sich den Baubewilligungsbescheid zustellen lassen KÖNNEN und allenfalls dagegen berufen KÖNNEN (wenn sie ein Argument finden sollten). Formal dürfte man sogar ohne Bescheidzustellung Berufung einlegen.
Die Frage hier ist, ob man diese 1-jährige Unsicherheit beseitigen/verkürzen kann? Ja. kann man:  man stellt den übergangenen Nachbarn den Baubewilligungsbescheid zu. Damit ist der formale Fehler der früheren Nichtverständigung saniert und sie hätten außerdem die Möglichkeit, ihre Interessen im Falle einer Verletzung von Nachbarrechten durch eine Berufung zu wahren. 2 Wochen nach Bescheidzustellung hätte man dann jedenfalls Gewissheit, wo es lang geht (und muss nicht auf den Ablauf von einem Jahr warten). 
Was die Gemeinde da vor hat, ist für mich nicht nachvollziehbar bzw. rechtlich sehr dubios. Was genau unterschreiben da die Nachbran jetzt??

zitat..
Amateure schrieb: Der Bau SV von der Gemeinde hat jetzt Stress deswegen und will noch schnell von allen Unterschriften einholen


3. Sollte der Baubehörde z.B. bezüglich der oben diskutierten Stiegenanlage tatsächlich eine falsche Entscheidung "passiert" sein, dann geht es hier um die Frage der Nichtigkeit bzw. Nichtigerklärung des Bescheides. Das ist rechtlich im § 68 Abs. 4 Zif. 4 AVG in Verbindung mit § 23 Abs. 9 NÖ BO geregelt (und sonst nirgendwo!).
Dazu muss man zunächst wissen: nicht jeglicher Fehler in einer Behördenentscheidung kann zur Nichtigerklärung führen. Ist ein komplexes Thema. Ganz kurz und vereinfacht: Verstöße gegen reine Verfahrensvorschriften können niemals zur Nichtigerklärung führen. Ebenso nicht falsche Interpretationen/Auslegungen von gesetzlichen Regelungen (falsche Beweiswürdigungen). Der Fehler muss - einfach gesagt - darin liegen, dass man im Verfahren eine Frage überhaupt nicht behandelt/geprüft hat und somit zu einer falschen Entscheidung kam. 

Aber selbst wenn es sich um einen solchen Fehler handeln sollte, muss vor einer Nichtigerklärung noch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen. Das ist eine Abwägung der diversen Interessen. Oft genanntes Beispiel ist hier die Flächenwidmung: Wird z.B. eine Bewilligung ohne Prüfung der Widmungsübereinstimmung im klaren Widerspruch zur Flächenwidmung erteilt (privates Wohnhaus im Grünland), dann besteht hier ein sehr großes (überwiegendes) öffentliches Interesse, diesen Bescheid nichtig zu erklären. Anderes Extrem: Bei Fehlern in einer Entscheidung, die niemandem wehtun/benachteiligen, wird eine Nichtigerklärung unverhältnismäßig sein.
Somit ist zunächst mal zu klären, ob hier überhaupt ein Nichtigkeitsgrund vorliegt. Zur Klärung dieser Frage muss die Behörde ein (Ermittlungs-)Verfahren führen (wozu auch Parteiengehör gehört). Die Behörde hat dafür max. 4 Monate ab Baubeginn Zeit. In diesem Zeitraum muss sie den Bescheid über die Nichtigerklärung zustellen, sonst ist es zu spät.
Noch grundsätzlich: Eine Bescheidaufhebung wegen Nichtigkeit ist eine "DARF"bestimmung, d.h. das Verfahren muss nicht zwingend eingeleitet werden. Die Entscheidung liegt bei der "Oberbehörde" und zwar "von Amts wegen".
Wenn ein solches Verfahren allerdings eingeleitet wird, dann ist der Bauherr darüber zu verständigen und ab dieser Verständigung gilt für ihn und sein Bauvorhaben ein Baustopp - und zwar trotz rechtskräftigem Baubewilligungsbescheid. Und wenn dann die Nichtigerklärung tatsächlich erfolgen sollte, dann hat er keine Bewilligung mehr.
Ist natürlich worst-case und höchst selten.
Im gegenständlichen Fall: was könnte da überhaupt ein Anlass für eine Nichtigkeit sein? Und warum sollte die Oberbehörde von Amts wegen ein solches Verfahren überhaupt einleiten? War die Entscheidung überhaupt falsch?? (betreffend Stiege siehe oben Punkt 1.)  Ich glaub, da wird etwas missverstanden............

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  •  Amateure
18.3.2022  (#14)
Danke für die vielen Antworten und besonderes Dankeschön an Karl für die ausführliche Antwort! Ich geh's mal deinen Punkten nach durch:

1. Das Gerede von § 52 Abs. 3 kommt von meiner Seite aus daher, dass ich den Bauamtsleiter, der mich angerufen hat, gefragt habe, warum genau die Stiege dort unzulässig ist, worauf er gemeint hat laut nö. Bauordnung § 52 Abs 3 geht das nicht, genauen Wortlaut warum kann ich nicht mehr wiedergeben. Aber stimmt, jetzt wo du es erklärst ist das einleuchtend und insofern hat er auch recht, dass es kein Vorbau ist. Laut § 51 Abs 5 müsste es dann aber zulässig sein (< 3 m vom Bezugsniveau, zulässige Hauptfenster vom Nachbarn nicht beeinträchtigt, kein Bebauungsplan) - oder seh ich das falsch?

2. Will das jetzt hier nicht breittreten (da ich auch nicht alles ganz genau weiß und keinen Blödsinn verzapfen will, aber von dem her was ich mitbekommen habe betreffend der Unterschriften, die der Bauamtsleiter von den Nachbarn fordert, ist das rechtlich sicher nicht korrekt. 

3. Er meint die Stiege ist ihm durchgerutscht, weil im vorbegutachteten Entwurf dort keine war und er dann auf das nicht mehr geschaut hat, nur mehr auf die von ihm beanstandeten Punkte (bei der "Vorbegutachtung" war die Stiege allerdings schon so wie jetzt, nur bei einem einige Monate vorab von unserer Planerin geschickten Entwurf, wo sie gefragt hat, ob das prinzipiell so bewillungsfähig wäre, war die Stiege noch anders - allerdings war das generell noch ein deutlich anderer Plan). -> Würde mich sehr wundern, wenn das schon als "Frage gar nicht geprüft" betrachtet werden kann. 
Warum die Behörde ein solches Verfahren überhaupt einleiten sollte? Das weiß ich nicht, aber er sagt wir sollen vorbeikommen und die Stiege rausstreichen lassen, sonst "muss" er den Bescheid aufheben. 

Schwierig, einerseits fühl ich mich rechtlich ziemlich sicher. Andererseits wäre schon ein Baustopp von einigen Wochen extrem unangenehm für uns (und im Endeffekt wahrscheinlich auch für die Gemeinde, aber das bringt mir halt auch nichts) und wenn schon die Einleitung eines solchen Verfahrens dazu führt.. Verhältnismäßigkeitsprüfung wäre noch davor oder auch schon mit Baustopp verbunden?

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  •  Karl10
  •   Gold-Award
19.3.2022  (#15)

zitat..
Amateure schrieb: Laut § 51 Abs 5 müsste es dann aber zulässig sein (< 3 m vom Bezugsniveau, zulässige Hauptfenster vom Nachbarn nicht beeinträchtigt, kein Bebauungsplan) - oder seh ich das falsch?

Ja, sehe ich auch so.

zitat..
Amateure schrieb: Würde mich sehr wundern, wenn das schon als "Frage gar nicht geprüft" betrachtet werden kann.

Ja, sehe ich auch so.

zitat..
Amateure schrieb: Warum die Behörde ein solches Verfahren überhaupt einleiten sollte?

Nochmal zur Präzisierung: "die Behörde" ist in diesem Fall die "sachlich in Betracht kommende Oberbehörde" zu jener Behörde, die den Baubescheid erlassen hat. Das war bei dir der Bürgermeister. Also ist für die Nichtigerklärung bzw. das dazugehörige Verfahren der Gemeindevorstand zuständig und nicht der Bauamtsleiter (Unter der Annahme, du bist in einer "normalen" Gemeinde und nicht in einer Stadt mit eigenem Statut oder in einem Magistrat?).

zitat..
Amateure schrieb: er sagt wir sollen vorbeikommen und die Stiege rausstreichen lassen

Völlig dubios! Wie soll denn das "Rausstreichen" formal funktionieren. Es liegt ein rechtskräftig bewilligtes Projekt vor. Da kann man (wer eigentlich??) nicht so einfach was "rausstreichen"!!! Formal korrekt müsstest du ein Bauansuchen um Abänderung des bewilligten Projektes einreichen - und dann läuft ein ganz normales Verfahren wie bei jedem Ansuchen um Baubewilligung (Vorprüfung - Verständigung der Nachbarn - Bewilligungsbescheid).

zitat..
Amateure schrieb: sonst "muss" er den Bescheid aufheben.

Wie gesagt: nicht "ER" hebt auf, sondern der Gemeindevorstand. Und auch von "müssen" ist keine Rede. Im Gesetz steht ausdrücklich "darf".

zitat..
Amateure schrieb: Verhältnismäßigkeitsprüfung wäre noch davor oder auch schon mit Baustopp verbunden?

Baustopp gilt ab der (nachweislichen) Verständigung, dass ein Verfahren zur Nichtigerklärung "eingeleitet" wurde. In diesem Verfahren wird dann alles mögliche geprüft, u.a. auch die Verhältnismäßigkeit.

Wann genau war eigentlich das von dir gemeldete Baubeginnsdatum?

PS: Hab jahrzehntelange Erfahrung mit Bauverfahren. Verfahren zur Nichtigerklärung kann ich auf einer Hand abzählen - kommt also extrem selten vor. Einen mit dir vergleichbaren Anlassfall kenn ich überhaupt nicht, auch deshalb nicht, weil das meiner Meinung kein Fall für eine Nichtigerklärung sein kann (auch wenn die Bewilligung der Stiege tatsächlich rechtlich nicht richtig gewesen wäre).


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  •  Amateure
20.3.2022  (#16)
Danke noch einmal für den super Beitrag, ich glaube dann ist jetzt fast alles klar. 

Ich habe mich leider mit der Höhe geirrt, mit der eingezeichneten Absturzsicherung (die mit 1 m, also Mindesthöhe eingezeichnet ist) ist die höchste Stelle doch 3,06 m.. also laut § 51 Abs. 5 zu hoch. Ich weiß nicht ob man es auch als § 51 Abs. 2 werten könnte, dann dürfte die Höhe ja hangabwärts überschritten werden. Ansonsten könnte man wohl die erforderliche Höhe des Geländers auf unter 1 m reduzieren, wenn es oben entsprechend tief ist, zumindest würd ich das aus der OIB Richtlinie ableiten. Vorausgesetzt natürlich man will sich am die Bauordnung halten und nicht einfach den Fehler bei der Bewilligung ausnutzen.

Wegen dem "Rausstreichen": er hat am Telefon streichen gesagt, was genau er damit gemeint hat kann ich nicht sagen, vielleicht eh sogar Ansuchen um Abänderung? Angenommen das würde angestrebt, dürfte dann der Bau vom Rest in der Zwischenzeit weiterlaufen, bis die Abänderung geklärt ist?

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  •  Karl10
  •   Gold-Award
21.3.2022  (#17)
Irgendwas versteh ich da jetzt nicht ganz:
Die eingezeichnete Absturzsicherung ("Brüstung") sowohl entlang der Nachbragrundgrenze, alsu auch zwischen Hauptgebäude und Stiegenanlage ist mehr als 3m  über dem angrenzenden Bezugsniveau. Was ist damit? Is ja auch nur bewilligungsfähig (Stichwort: Hangalge), wenn irgendwo festgestellt wurde, dass es dadurch zu keiner Beeinträchtigung der Belichgtung auf zulässige Nachhauptfenster kommt. Hat das irgendwer wo festgehalten?

Und wenn dieses Nebengebäude mit teilweise höher als 3m liegender Absturzsicherung bewilligungsfähig war, warum nicht auch die inkl.  Absturzsicherung gleich hohe Stiege nicht auch?
Sollte man die Stiege als eigene bauliche Anlage gem. § 50 Abs. 5 betrachten, dann ist 3m ja auch keine absolute Höhenbegrenzung. Geht auch höher - muss man halt die Belichtung prüfen (so wie auch beim Nebengebäude inkl. Absturzsicherung).
Und wenn man die Stiege als Bestandteil des Nebengebäudes sieht, dann läuft sie ja mit der Beurteilung des Nebengebäudes mit.

Wie auch immer: Ich würde an eurer Stelle nichts "rausstreichen"!

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  •  Amateure
23.3.2022  (#18)
Absturzsicherung ist 3,06 m ja, müsste aber laut § 51 Abs 2 hangabwärts überschreiten dürfen? Bei der Stiege hätt ich das anders gesehen, zumindest wenn man sie laut § 51 Abs 5 als eigene bauliche Anlage sieht (und nicht als Teil des Nebengebäudes) - wobei du sagst das ist auch keine absolute Höhenbegrenzung? 
Belichtung der zulässigen Hauptfenster des Nachbarn ist jedenfalls kein Problem - ob das auch geprüft wurde weiß ich nicht - festgehalten ist es glaube ich nirgendwo, zumindest nicht für mich ersichtlich.

Der Bauamtsleiter sieht die Stiege immer noch als Vorbau laut § 52. Deiner Argumentation hat er zwar was abgewinnen können, aber er sagt der Chef vom Gebietsbauamt sieht es auch eindeutig als § 52... und zwar weil dort Treppenanlagen explizit mit aufgezählt sind und bei § 51 nichts von Treppen steht. 🙄

Wie das "rausstreichen" funktionieren soll weiß ich mittlerweile auch. Kleiner Hinweis: noch dubioser als die Unterschriftenaktion!

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  •  Karl10
  •   Gold-Award
23.3.2022  (#19)
Wenn die Stiege Teil des Nebengebäudes ist, dann gilt dafür natürlich als Ganzes die Hanglagenregelung des § 51 Abs. 2. (Nebengebäude im seitlichen Bauwich)
Ist die Stiege eine eigenständige bauliche Anlage (konstruktiv/statisch nicht mit dem Nebengebäude verbunden), dann gilt für diese § 51 Abs. 5. (bauliche Anlagen im Bauwich)

Egal wie man´s nimmt, in beiden Fällen liegt zunächst eine Überschreitung der jedenfalls zulässigen Höhe von 3m vor. In beiden Fällen ist die Höhe aber trotzdem zulässig, wenn es kein Belichtungsproblem auf Hauptfenster beim Nachbarn gibt.
Da es dieses Problem laut deiner Aussage nicht gibt, ist die Stiege jedenfalls bewilligungsfähig - egal ob man sie nun als Teil des Nebengebäudes betrachtet oder als eigenständige bauliche Anlage. Im Ergebnis ist also die Bewilligung zu Recht erfolgt - egal wie kompetent, nachvollziehbar oder vollständig hier eine Beweiswürdigung gemacht wurde oder nicht.

Somit gibt es hier nicht den geringsten Grund für eine Nichtigerklärung, weil ja jedenfalls die Bewilligungsfähigkeit gegeben ist. Und eine allenfalls mangelhafte Beweisewürdigung kann ebenfalls nicht zu einer Nichterklärung führen (siehe weiter oben).
Somit gibt es auch schon überhaupt keinen Anlass, irgendetwas "herauszustreichen"!! 

Die Vorbautenregelung gem. § 52 wäre nur dann anwendbar, wenn die Stiege ein Vorbau eines Gbeäudes wäre, welches nicht in den Bauwich ragen darf. Nur dafür macht diese Regelung ja einen Sinn. Es geht bei der Vorbautenregelung ja darum, dass gewisse untergeordnete Bauteile dieses Gebäudes ausnahmsweise halt doch mit näher definierten Grenzen in den Bauwich ragen dürfen.
Und ja, weil  Treppenanlagen ausdrücklich im § 52 angeführt und geregelt sind und ausdrücklich NICHT im § 51, kann diese Frage nur dann entscheidungsrelevant werden, wenn es sich tatsächlich um einen "Vorbau" gem. § 52 handelt - also um einen in den Bauwich vorspringenden Teil eines Gebäudes, das an sich nicht in den Bauwich ragen darf........(ich wiederhole mich, oder???)
Die hier maßgebliche Treppe ist allerdings entweder Teil eines im Bauwich situierten Nebengebäudes, welches dem § 51 Abs. 2 unterliegt; oder aber sie ist eine eigenständige bauliche Anlage gem. §51 Abs. 5. Der § 51 kennt aber KEINE wie immer geartete "Vorbautenregelung"!!! Was soll ich noch mehr sagen???

Es besteht somit nicht der geringste Anlass, irgendwas "rauszustreichen" oder eine Nichtigerklärung zu machen. Ich bezweifle allerdings, dass der Bauamtsleiter wirklich eine Nichtigerklärung macht (wie schon oben gesagt, kann er das ja gar nicht selbst machen, sondern die "Oberbehörde") und jetzt nur Druck auf dich ausüben möchte, um den (vermeintlichen) eigenen Fehler zu kaschieren.
Aber wenn er tatsächlich nicht davon abzubringen ist (und auch die Oberbehörde bei diesem Unfug mitspielt), dann hast du 2 Möglichkeiten:

1. Du gibts nach, obwohl du voll im recht bist und "streichst" die Stiege aus dem Plan, obwohl du sie ja eigentlich machen wolltest und sie für dich von Nutzen wäre.
oder
2. du machst jetzt mal gar nichts und wartest, was tatsächlich passiert. Wie gesagt, läuft eine Nichtigerklärung ja nicht so, dass du morgen einen Bescheid mit der Nichtigerklärung bekommst und dein Bewilligungsbescheid existiert von heute auf morgen nicht mehr. Sondern es braucht zunächst einen Beschluss der Oberbehörde, dass man ein entsprechendes Verfahren einleitet. Dann muss man dir dazu Parteiengehör einräumen und dann kanns irgendwann diesen Nichtigkeitsbescheid geben. Da hast also entsprechend Zeit zu schauen, was da genau läuft und was am Ende des Tages rauskommen kann. Wenn du dann siehst, dass das für dich schlecht ausgehen könnte (was ich aber nicht glaube), dann kannst du das Verfahren zur Nichtigkeitserklärung noch immer jederzeit stoppen, indem du die Stiege "rausstreichst". Damit entziehst du einem auf die Stiege aufbauenden Nichtigerklärungsverfahren ja die Grundlage.

Hab schon einmal gefragt, wann dein gemeldeter Baubeginn war??
Und: Um welches Gebietsbauamt handelt es sich???


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  •  Amateure
23.3.2022  (#20)
Kann mich nur noch einmal für deine ausführlichen Antworten bedanken und mich entschuldigen, dass du dich wiederholen musst. Ich selbst bin schon lange überzeugt, dass Paragraph 52 nicht zutreffend ist (wie du sagst anders würds keinen Sinn machen und alleine die Überschrift - Vorbauten IN DEN Bauwich zeigt das ja schon), aber ich gebe halt das weiter, was er (leider immer noch) meint. 
Was ihm ein bissl zu denken gegeben hat ist, dass die (zufällig sogar betreffenden Nachbarn) auch eine Stiege im Bauwich haben, die laut seiner Argumentation dann auch nicht erlaubt wäre (obwohl nicht einmal hoch).

Gemeldeter Baubeginn war 14.03. und es ist das Gebietsbauamt Korneuburg.

Jetzt ist eh einmal abwarten angesagt was bzw. ob was kommt. Aber meine große Angst ist einfach, dass es zu einem Baustopp kommen könnte, was aus mehreren Gründen sehr unangenehm wäre (ich glaub ich wiederhole mich auch).

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