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Zersiedlung

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  •  dandjo
  •   Gold-Award
21.3.2011 - 13.9.2012
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Habe heute in ORF2 in der Sendung Kulturmontag einen sehr interessanten Beitrag zu Österreichs Zersiedlung gesehen, möchte den Inhalt ein wenig diskutieren und mit euch teilen.

Hardfacts:

Durch Zersiedlung und den dadurch aufkommenden Autoverkehr entstehen jährliche Mehrkosten von 1 Milliarde Euro. Ortskerne und einstige belebte Straßen mit Märkten und Geschäften verkommen von Lebensräumen zu Durchzugsstraßen, zu regelrechten Hürden.

51% des neu gewidmeten Baulandes dient dem Gewerbe mit Einkaufszentren und Konsumtempel, selbstverständlich am Rande der Zentren! In Deutschland sind es 17%, kein anderes Land hat einen derart hohen Anteil wie Österreich. Der Grund dafür sind die Gewinne für die Gemeinden, es krankt am System.

Einsame Familienvillen im Grünen abseits des Ortskerns bringt die Leute immer weiter auseinander anstatt zusammen. Hier wieder der Effekt, dass Ortskerne aussterben, Greissler und lokales Gewerbe siedeln ab oder sterben aus. Übrig bleiben wieder die Familien mit ihren Hausfrauenpanzern, die durch die Dörfer in das nächste Einkaufszentrum pendeln (müssen). Hand aufs Herz: wer von euch, geht noch zu Fuß am Morgen zum Greissler einkaufen? Schöne alte (vergangene) Idylle oder seltener Inselbetrieb? Was wünscht ihr euch?

Fakt ist, jedes heute neu gebaute Haus hat auf einem Bauplatz im alten Ortskern einfach keinen Platz, weil sich die Wohnflächen seit den 50ern vervierfacht haben! Nicht nur das, es scheitert an Genehmigungen, der Erhaltung des Ortsbildes und den Kosten für die Gründe. Es werden lieber periphere einsame Siedlungen ohne Infrastruktur aufgeschlossen, anstatt verfallende Häuser in den Ortskernen zum Abriss freizugeben. Da schlägt aber auch der moderne Häuslbauer in die Bresche, denn Pseudoindividualismus ist Mode und keiner möchte sich in ein Ortsbild einfügen. Das soziale Gebilde Ortschaft bleibt hier meistens auf der Strecke.

In Zeiten steigender Ressourcenknappheit begeben wir uns mit der Zersiedlung und sozialer Kälte in eine immer größere Abhängigkeit, sowohl im Bezug auf Mobilität als auch im Bezug auf nicht mehr haltbare soziale Strukturen. Wo soll das hinführen?

Elfie Mikesch behandelt dieses Thema unter anderem in ihrem DokFilm, am 27.03.2011 um 23:05 in ORF2 zu sehen. Ein Blick auf ein verändertes Judenburg.
http://tvthek.orf.at/programs/1662-TVthek-special/episodes/2066111--dok-film----Judenburg-findet-Stadt

  •  Gawan
  •   Gold-Award
22.3.2011  (#1)
@dandjo - Die ökonomisch sinnvollste Alternative - Riesenwohnblöcke im Stadtkern, am besten direkt neben den Produktionsbetrieben und Arbeitgebern - verträgt sich einfach nicht mit der landläufigen Vorstellung von Lebenqualität.

Je mehr Platz (und Grünfläche) ich rundherum hab, desto besser gehts mir.
Oder sollen wir uns ins Plattenbauidyll zurücksehnen ? :)

"Wo soll das hinführen ?"
Keine Ahnung, ich erkenne in deiner Ausführung aber das Problem nicht.

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  •  dandjo
  •   Gold-Award
22.3.2011  (#2)
@Gawan - Man muss nicht schwarz/weiß malen. Riesenwohnblöcke sind nicht im Sinne von Lebensqualität und die räumliche Trennung von Wohn- und Gewerbegebiet hat seine Gründe aber birgt riesige Verkehrsprobleme. Selbst in meinen bekannten Kleinstädten (weniger als 10.000 Einwohner) wächst sich der Verkehr zu einem echten Problem aus. Da müssen Lösungen her, davon sind wir aber weit entfernt. Die Stadtautobahnen zu verbreitern und der Stadt noch mehr Fläche durch Straßen wegzunehmen ist genau der verkehrte Weg.

Dass rein die Grünfläche Lebensqualität schafft, ist ein landläufiger (was für ein Wortspiel) Irrtum. Grün ja, aber man muss nicht abgelegen von jeder Infrastruktur auf der grünen Wiese planen. Speziell in Kleinstädten ist der Stadtrand ja keine fünf Radminuten entfernt, da bietet sich neben den zahlreichen Parks genügend Grünfläche. Wenn der Stadtkern ausstirbt, ist es keine Stadt mehr, sondern eine Ansammlung von zerstreuten Siedlungen.

Die Stadtplanung geht einfach in die vollkommen verkehrte Richtung, fast überall in Österreich, das ist das Problem, wer das nicht erkannt hat, lebt wirklich abseits der Zivilisation.

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  •  speeeedcat
  •   Gold-Award
22.3.2011  (#3)
ich hab - das schon vor jahren mit unserem baureferenten der gemeinde diskutiert. es war sogar mal punkt auf der tagesordnung bei ner gemeinderatssitzung.

das problem sehe ich bei alten häuser im ortskern, wo die bewohner rausgestorben sind und die besitzer in der großstadt wohnen, sich nur um das notwendigste kümmern, aber trotzdem nicht verkaufen. gründe dafür sind sicher oft überzogene preisvorstellungen.

da sollten meiner meinung nach anreize in form von ankaufsförderungen/steuerliche erleichterungen etc. von ländern und gemeinden kommen, um dem vielerorts drohendem verfall entgegenzuwirken und die ortskerne zu revitalisieren.

in meiner gemeinde sind die schönsten gründe mit solchen alten hütten "verschandelt", aber die wenigsten haben die notwendige kohle, die oft unverschämt hohen preise bezahlen zu können um DANN die hütte zu sanieren oder zu schleifen.
die "moderne siedlung" in gekuppelter bauklasse hat da klar ihre vorteile, aber durch die "ich brauch mind. 1000m²-mentalität" wirds das ned spielen. und da sind wir wieder bei der grundsatzdiskussion haus/größe/energiesparen, aber niemand will den ersten schritt machen. das ist typisch österreichisch, "sparen wir energie, aber keiner geht hin"...

ich für meinen teil hab das glück gehabt, mitten in ner siedlung ein baugrundstück zu ergattern, da hatte der verkäufer die, natürlich gewinnbringende, idee, ein relativ großes einzelgrundstück (mit ner alten hütte drauf), ungefähr 2.000m² groß, in drei einzelgrundstücke umzuwidmen.

mein gst. hat zwar jetzt nur ~640 m², aber ich habs bewusst gekauft, um nämlich zu fuß ins ortszentrum mit all seiner infrastruktur zu kommen, die kinder können ZU FUß in die schule/ am bahnhof, radweg gleich daneben. das ist für mich der "mehr"-wert und somit lebenswert.

PS: das grundstück mit der alten hütte drauf steht noch immer zum verkauf, ratet mal wieso....



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  •  samoth
22.3.2011  (#4)
kann mich da speedcat nur anschließen. Da wir zur Zeit auf der Suche nach dem richtigen Grundstück für unser Häuschen sind merken wir das auch immer öfter, dass die relevanten Grundstücke oft im Besitz von Leuten sind, die sich diese Grundstücke als Wertanlage gekauft haben und in der (Groß)stadt wohnen. Da ist die ganze Infrastruktur schon vorhanden, alle Versorgungsleitungen liegen direkt am Grund aber du hast fast keine Chance so ein Grundstück zu bekommen oder nur zu Phantasiepreisen, dass man sich dann höchstens noch a Gartenhüttn raufstellen kann, weil für a richtiges Haus reichts dann net mehr. Was dann bleibt sind die Grundstücke mit alten, abbruchreifen Hüttn drauf, worauf ich mich aber nicht einlassen will, oder eben Grundstücke die etwas weiter ausserhalb liegen.

Also bleiben im Endeffekt die Möglichkeiten auf den Traum vom Haus zu verzichten oder eben sich ausserhalb anzusiedln.

Aber vielleicht tut sich bei mir ja noch was auf - bin schon gespannt...



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  •  TDI nie
  •   Silber-Award
22.3.2011  (#5)
die typischen Neubau Siedlungen - sind doch grausig. Einer pickt dem andern drauf. Lästige, neugierige, aufdringliche Nachbarn, nie hast deine Ruhe, immer is irgendwer da oder es ist irgendwas anderes.
Gibt auf Dauer nur Probleme.

Also ich bin schon froh, das ich etwas abseits vom Schuß wohne.
Und vorallem das ich etwas Grundstück um mich rum hab.
Würd ich nochmal bauen, dann am liebsten überhaupt auf einer Waldlichtung. Mit Eigenjagd und rundherum und Quelle neben dem Haus.

Thema Wertanlage: Grundstücke sind nunmal die besten Geldanlagen. Und sie bringen momentan auch mehr Rendite als jeder Pseudofonds den der Schwachmat bei der Hausbank vorschlägt.

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  •  dandjo
  •   Gold-Award
22.3.2011  (#6)
Ob man eher der Einsiedler wie TDI oder der Gesellschafts- - mensch wie ich ist, wirkt sich natürlich auf die Wahl des Wohnortes aus. Einsiedler werden niemals in einer Stadt glücklich werden und ich werde es niemals einsam auf der Alpe vor dem Wald werden. Der Großteil der Menschen ist aber gesellschaftsaffin. Das sind die Menschen, die ohne soziales Umfeld einfach unglücklich werden würden. Bitte auch nicht Anonymität mit sozialem Umfeld vergleichen, denn obwohl man in der Stadt anonym(er) ist, hat man ein deutlich ausgeprägteres soziales Umfeld (da mehr Menschen) als ein Dorfbewohner in der Prärie. Man sieht ja, dass sich Menschen immer irgendwie zusammenrotten, selbst in kleinsten Dörfern gibt es Zusammenhalt und mehrere Gruppierungen, die anderer Meinung sind.

Dass neue Siedlungen durch den Pseudoindividualismus furchtbare Auswüchse annehmen (jedes Haus sieht komplett anders aus und passt nicht zum nächsten, Baufluchtlinien werden geschätzt, Gehsteige und Straßen erst nach 20 Jahren errichtet), war bei dieser Baupolitik ohnehin abzusehen. Viele Gemeinden kümmern sich noch darum, das sind aber auch meistens die, die am wenigsten Zulauf deswegen finden. Was zwei separate Gemäuer, die sich im Abstand von 5m zueinander Befinden für einen Sinn haben, hat sich mir bis heute nicht erschlossen, denn da kommt weder Licht durch die Fenster noch ist es energieeffizient. Deshalb habe ich mich für die gekuppelte Bauweise entscheiden, da kenne ich den Nachbarn seit der Bodenplatte (in meinem Fall seit der Kindheit) und muss nicht um ein paar Zentimeter finsteren Zaun zwischen den Häusern streiten. Aber klar, jeder möchte seinen Kopf durchsetzen, seinen Individualismus ausleben, keine Rücksicht nehmen und in Saus und Braus hausen, mit lautstarken Kindern und Partys im heiligen 700m² Eigengarten. So kann kein soziales Gefüge zustande kommen und das sind dann genau die Nachbarschaftskriege, die man in neu angelegten Siedlungen mit jungen Familien erlebt. Ich finde das traurig.

Dass es in den Dorfzentren an Baugründen auf Grund politischer Entscheidungen oder Spekulationen mangelt, steht außer Frage, deshalb haben wir ja in Österreich den Salat, den wir gerade ernten. Die Lösung kann aber nicht sein, die Zentren aussterben zu lassen, denn dann bekommen wir in manchen Regionen das gleiche Problem wie die Amis. Wie hoch der pro-Kopf-Energieverbrauch (unter anderem dadurch) in Amerika liegt, muss ich euch ja nicht erzählen.

... und die Kosten (und somit die grenzenlose Energieverschwendung) für Mobilität steigen weiter ...

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  •  speeeedcat
  •   Gold-Award
22.3.2011  (#7)
ich bin auch ein gesellschaftsmensch, ob sich die stadt dafür besser eignet? ich denke, wie du selbst schreibst, die anonymität der großstadt lässt viele menschen vereinsamen, vor allem ältere. schau mal in die tageszeitungen, wieviele menschen wochen nach ihrem ableben gefunden werden, da sie keinem abgehen, das wird in unserem "dorf" ned so leicht passieren, dzu kennt man einander zu gut. aber gut, dass ist jetzt off topic.

mir stösst die definition dorf

http://de.wikipedia.org/wiki/Dorf

ein wenig sauer auf. ich finde die bezeichnung gemeinde weit besser.

wir haben in unserer gemeinde eine vollständige infrastruktur, von schulen angefangen über einkaufsmöglichkeiten, ärzte, kulturveranstaltungen, freizeitmöglichkeiten, vereine uvm. sich in die gemeinde zu integrieren ist die höchstpersönliche entscheidung eines jeden einzelnen, die möglichkeiten dafür sind gegeben.

"Dass es in den Dorfzentren an Baugründen auf Grund politischer Entscheidungen oder Spekulationen mangelt, steht außer Frage, deshalb haben wir ja in Österreich den Salat, den wir gerade ernten"

jaja, das ist ein riesen problem, auch bei uns. die großgrundbesitzer sind da nunmal bauern, die ihre gründe einfach nicht verkaufen, da keine notwendigkeit besteht. sie tauschen maximal gegen eine bessere lage ein, nona. somit gibts zwar baugründe, aber energietechnisch meist minderwertig, da schlechte nordlage, verdeckt von wäldern oder an der peripherie.

deswegen sollten alte gebäude, die nicht bewohnt werden und langsam vor sich hin zerfallen, mittels auflagen an die besitzer (eben meist erben) geschützt werden.
mir strebt da so eine art "bauzwang" (sanierung, verkauf) vor, innerhalb 5 jahre musst auch auf nem gemeindegrundstück bauen.
somit werden für die "dorf"belebung und gegen die abwanderung wirkungsvolle schritte gesetzt. somit ist auch die zersiedelung kein thema mehr. ausnahmen wie TDI, die gern in wald und wies´n leben, wo sich fuchs und henne gute nacht sagen, wirds immer geben und sind in ordnung, die mehrheit wirds nicht wollen.

dass das wunschdenken bleiben wird, ist auch klar, davor wird sich jeder (kommunal)-politiker hüten, sich daran die finger zu verbrennen




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  •  TDI nie
  •   Silber-Award
22.3.2011  (#8)
Was kümmert dich was der Großteil ist ist oder tut, - bist du selber nichts?

Dein Beispiel mit den gekoppelten Häsuern (Reihenhaus) is aber nicht dein Ernst, oder? Also ich möchte nicht den Nachbarn in hörweite haben. Auch nicht wenn ich in den Garten gehen, diesen sehen oder gleich Schulter an Schulter am Gartenzaun stehen.
Wo bleibt denn da die Privatsphäre?

Muß es überhaupt ein soziales Gefüge geben? Was ist das eigentlich? Und wofür ist es?

Die heute gültige "offene" Bauordnung ist aber ein Segen.
Nicht so wie früher wo irgendeine graue Eminenz bestimmt hat, nur Bungalow, alle Giebel in einer Flucht, Einzelgarage rechts vom Haus....usw.
Ich finde gut, dass jedes Haus anders aussehen darf.
Ich finde auch gut, dass nicht alle so leben müssen wie es der "Großteil" (oder eine Minderheit) vorlebt.
Freiheit ist unser höchstes Gut und vielen Menschen von vergangenen Generationen haben ihr leben für unsere Freiheit lassen müssen.
Dies alles aufzugeben, wäre eine große Schandtat.

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  •  2moose
  •   Gold-Award
22.3.2011  (#9)
Es wäre schön, wenn die Raumplanung tatsächlich Einfluss - auf das soziale und wirtschaftliche Gefüge hätte - hat sie nur leider nicht. Es ist egal, ob der Grund nur 500m² hat und im Ortskern liegt oder 1500m² abseits - die hohe Hecke steht da wie dort, die Kommunikation mit dem Nachbarn beschränkt sich aufs Grüßen (oder vor Gericht) und eingekauft wird per Auto in der nächst größeren Stadt. Den Greißler ums Eck braucht man bloss für die Dinge, die man im Supermarkt vergessen hat oder die täglich frisch sein müssen.
Unser Ortskern besteht zu 50% aus Uralthäusern in einer winters brutal finsteren und kalten Lage, Sonne im Rücken aber leider Berg davor => im Winter mehr als 3 Monate keine Sonne und vorne der Durchzugsverkehr. Die Hütten sind unverkäuflich, rotten vor sich hin, nur ein paar Geschäftsleute beleben die Zeile. Da kann man noch so optimistisch sein ... da wird sich lange nix regen. Wie auch, wenn es 500m vom Ortskern entfernt eine leistbare Sündhanglage gibt. Bloss sind für die heutigen baurechtlich ausgereizten Hütten 700m²-Grundstücke schlicht und einfach zu klein ... der Keller soll ja hell sein und schaut gut einen Meter raus, für die Terrasse wird ein Hügelgrab angeschüttet. Obergeschoß so hoch wie möglich ... und die heute irrsinnigen Bodenaufbauten mit 30cm und mehr sowie gesteigerte Raumhöhen sorgen dann für so hohe Häuser, dass es beim üblichen 6m-Abstand dazwischen wirklich finster ist oder der Nachbar so weit wie möglich wegrückt und dem Nächsten das Leben schwer macht. Man glaubt ja gar nicht, wieviel Sonne man mit Pultdach und gedrungener Bauweise dem Nachbarn im Norden zukommen lassen kann. Aber was geht mich der schon an?
Ich lese immer wieder die Beiträge in "Nö Gestalten", wo ja die Bauweise a la Weinviertler Straßendörfer propagiert wird ... vorne zur Straße durch direkt angrenzende Häuser geschlossen und seitlich durch Mauern zum Nachbarn hin. Der Privatsphäre und dem Windschutz zuliebe ... ist aber auch nur eine Form eines Extrems, denn wenn man im Auto aus der Garage rollt, triftt man den Nachbarn nicht mal mehr zum Grüßen.
Wie gebaut wird, ist glaub ich immer nur ein Abbild der Gesellschaft ... und wirklich nur sehr schwer beeinflussbar, ohne wieder in eine diktatorische Raumplanung zurückzufallen.

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  •  speeeedcat
  •   Gold-Award
22.3.2011  (#10)
http://www.noe-gestalten.at/siedlung_mit_zukunft10.html

was soll daran schlecht sein?


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  •  dandjo
  •   Gold-Award
22.3.2011  (#11)
Zersiedlung - @speeeedcat: Da haben die Mitschreiber schon recht, einen solchen Bauzwang für Altlasten durchzusetzen, greift sicher kein Politiker an, der lange im Amt bleiben möchte. Die gierigen Großgrundbauern oder spekulative Neostädter mit landwirtschaftlichem Hintergrund machen das Problem erst so richtig rosig.
In der Großstadt vereinsamt man genau so wie am Land, das ist eine Frage der sozialen Kompetenz. Man kann sich auch am Land zurückziehen und so keinem "abgehen", wenn man sich mal wochenlang nicht blicken lässt. Ich habe mal in Wien gelebt und selbst da habe ich nach einem halben Jahr alle Nachbarn im Stock gekannt, wir haben uns gegenseitig geholfen, der netten alten Nachbarin habe ich immer die Einkäufe mit nach oben getragen. Alles eine Frage des Menschen. Wenn man sich einigelt und keine Kontakte pflegt darf man sich dann nicht wundern, wenn man vereinsamt. Das ist keinesfalls nur ein Phänomen der ach so verteufelten Großstadt.

@TDI: Warum sollte ich das nicht ernst meinen? Warum soll meine gekuppelte Bauweise (Doppelhaus) schlechter sein als deine offene Bauweise auf dem Großgrundacker? Ich möchte im Unterschied zu dir ab und zu mit meinem Nachbarn in Kontakt treten, ich scheue nicht das Gespräch, wenn ich mein Gemüsebeet ernte, ich trinke mit ihm ab und zu ein Bier und philosophiere über dies und das. Warum soll das nicht funktionieren? Nur weil ich ein wenig Privatsphäre möchte? Wenn ich das möchte, habe ich die auch, da braucht es keine meterhohen Hecken oder Kilometerweite Landflächen zum nächsten Einsiedler.
Das soziale Gefüge wird dann interessant, wenn man es am wenigsten erwartet. Spätestens dann, wenn mal eine Alarmanlage heult und die Hütte trotzdem leer ist hätte man sich ein soziales Gefüge gewünscht, einen Nachbarn, der mal die Post ausräumt oder einen Mitmenschen, der sich wundert, was denn da heult obwohl keiner zuhause ist. Was die Definition des sozialen Gefüges ist, fragst du besser Dr Google.
Einen überzogenen Individualismus als Freiheit zu bezeichnen ist schon weit hergeholt. Wie "frei" ist ein Häuslbauer, der Schulden im vierstelligen Bereich macht? Je größer und weiter, je besser und höher, desto abhängiger macht man sich doch von seinem Eigentum!? Ist das die Freiheit, die sich unsere Eltern und Großeltern erkämpft haben? Geknechtete Möchtegernindividualisten gefoltert mit Krediten und Komsumwahnsinn? Lächerlich!

@2moose: Ich denke da sollte man Regionen unterscheiden. Während im niederösterreichischen Weinviertel oder im Burgenland die geschlossene Bauweise in Straßendörfern Usus ist, ist in Bergregionen eher die gänzlich offene Bauweise mit vereinzelten Häusern und landläufigen Gründen zu finden. Das Schlimme ist, dass selbst in Straßendörfern wirklich hässliche Siedlungen entstehen, die mit dem ursprünglichen Ortsbild nichts mehr gemein haben. Da geht es nicht um Geschmäcker, sondern eher um die Erhaltung der Kulturlandschaft und des Ortsbildes.
Es gibt bei uns im Umkreis zahlreiche (viel zu viele) Kleinststädte mit wirklich idyllischem Ortskern und Stadtplätzen, jedoch sind auch diese von Abwanderung und Zersiedlung geprägt. Eisgeschäfte und Händler sperren zu, Handwerker wandern ab, Greissler sperren mangels Publikum zu. Stattdessen wachsen Kunstgebilde à la Parndorf aus dem Boden, die nur per Auto zu erreichen sind und abseits der Öffnungszeiten zu Geistergegenden werden. Die restlichen belebten Seitenstraßen verkommen zu Durchzugsstraßen, teils geprägt durch tonnenschwere LKWs, die den Bausubstanzen zusetzen (natürlich eng an die Straße gebaut).
In Tälern wie deinen ist das Problem eher der Durchzugsverkehr, da ansonsten keine Stra&#

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  •  2moose
  •   Gold-Award
22.3.2011  (#12)
Weil es nicht umsetzbar ist. - @speedcat
Das schaut auf der Zeichnung super aus ... bloss wer will bei einer Ost-West verlaufenden Straße die Gründe auf der Nordseite, wo man durch den Schatten des eigenen Hauses und das schmale Grundstück so gut wie keine Sonne im Garten hat und im Gebäude nur auf der nicht unbedingt leisen Straßenseite? ... und der Vorteil "Trennt öffentliche und private Bereiche" ist heute ja eh schon mit Hecken und Mauern umgesetzt. Der öffentliche Bereicht besteht zudem eh nur mehr aus Fahrzeugen ... bei uns sind die Gehsteige (Zentrum ausgenommen) nur bevölkert wenn die Sonne scheint und ein paar Leute spazieren geht. Den belebten öffentlichen Raum gibt es hier so gut wie nicht mehr, es wird jeder Meter mit dem Auto zurückgelegt und eingekauft wird nur in den größeren Märkten (die nur mit dem Auto erreichbar sind). Selbst die Kinder werden bis vor die Schultüre chauffiert. Und die im Link propagierte Variante stellt noch ein paar Hindernisse mehr zwischen die Nachbarn und ist auch nur in einer völlig flachen Gegend umsetzbar. Sicher gut gemeint ... aber hauptsächlich fürs Papier und Präsentationen gemacht.

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  •  dandjo
  •   Gold-Award
22.3.2011  (#13)
Kulturmontag - Selbst sehen: http://tvthek.orf.at/programs/1303-Kulturmontag/episodes/2061571-Kulturmontag

(rechts in den Beiträgen auf "Alp-Traum: Zersiedelung Österreichs" klicken)

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  •  speeeedcat
  •   Gold-Award
23.3.2011  (#14)
.."@speeeedcat: Da haben die Mitschreiber schon recht, einen solchen Bauzwang für Altlasten durchzusetzen, greift sicher kein Politiker an, der lange im Amt bleiben möchte.

hab eh ich geschrieben :)

@²moose: du hast schon recht, die siedlung ist annähernd unter laborbedingungen kreiert, aber grundsätzlich muss ich sagen, dass die idee sehr gut ist.
du bist schön vor lärm, wind und wetter und auch von neugierigen blicken geschützt, was aber nicht zwangsläufig heissen muss, mit dem nachbarn kein bier zu trinken (@ dandjo ;)), denn das mach ich auch sehr gern! :)

tja, euer ortskern wird jetzt eh sukzessive aufgewirtschaftet, der ansiedelung vor allem in der sonnensiedlung wird (gottseidannk) rechnung getragen.
dass der nordhang bei euch ziemlich fürn hugo ist, ist auch klar, resultierend aus landwirtschaftlichen überlegungen. die häuser wurden seinerzeit an den kalten, schattigen, eher unfruchtbaren berghang gestellt, die felder klarerweise im süden bewirtschaftet. aber diese problem haben die meisten täler, das ist jetzt keine besonderheit bei euch. unser ort ist da ein wenig besser dran, da das tal schon mehr in die breite geht.

@dandjo: wenn bei dir die soziale kompetenz gelebt wird, dann passt´s eh, nur denke ich, ist das in der großstadt eher die ausnahme denn die regel.

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  •  creator
  •   Gold-Award
26.3.2011  (#15)
leider plappern noch zu viele kaiser lothar I. sein - "tempora mutantur et nos mutamur in illis" (die zeiten ändern sich und wir uns in ihnen) nach.
zu corippus' "tempora permutas nec tu mutaris in illis" (du änderst die Zeiten und nicht Du wirst in jenen geändert) finden die wenigsten...

prestigedenken wandelt sich wie die gesellschaft halt auch: frühre waren die wichtigen leute an der hauptstraße, da wurde man gesehen, wusste, wann die postkutsche kam und war wichtig. die paria waren hinten irgendwo.
heute ist es halt ned so attraktiv, an der durchzugsstraße zu wohnen und den postbus samt ein paar hundert lkw vorbeirauschen zu lassen...

natürlich spielt auch der gesellschaftliche wandel mit. bei 15% bauern braucht man ned über zersiedelung reden - bei ca. 4% schon. finanzausgleich, gewinne bei umwidmungen, gewerbesteuern, etc. haben auch klare konsequenzen. persönliche dummheit von politikern ist auch ein faktor - im großen wie im kleinen.
in wien waren in den 1970ern gründe wahnsinnig teuer. folge: mödling war boombezirk, scs, iz süd, etc. die logische folge.
das ganze spielt's auf gemeindeebene mit tulln und langenrohr aber in den 1990ern noch mal - da capo. da gibt's hunderte beispiele dafür.



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  •  dandjo
  •   Gold-Award
26.3.2011  (#16)
Das mit den Grundstückspreisen war doch schon immer so. - Selbst am Stadtrand in Wien kostet der Quadratmeter Grund um die 400 Euro, ein paar Kilometer weiter in Niederösterreich nicht mal mehr die Hälfte. Natürlich hat das Auswirkungen auf die Siedlungsthematik, es wird dadurch aber alles nur noch schlechter. Selbst die, die möglichst nahe an die Stadt aber doch weit draußen gebaut haben, sind irgendwann Opfer ihrer eigenen Philosophie, denn irgendwann ziehen noch mehr Leute noch weiter raus, die dann erst recht wieder durch die Siedlungen pendeln. Die Situation ist derzeit überall beobachtbar.

Es ist aber eine Milchmädchenrechnung, dass das "noch weiter raus" eine Sackgasse ist. Irgendwo als Einsiedler oder in einer abgekappten Kleinsiedlung zu leben kann nicht das Ziel und der Wunsch der Menschen sein. Da spielt alles zusammen, angefangen von überzogenen Vorstellungen der Eigenverwirklichung bis hin zu politischen Fehlentscheidungen und Korruption. Fakt ist, wir katapultieren uns mit den derzeitigen Entwicklungen in eine riesige Problematik, sowohl was Verkehr, Logistik als auch Energieverbrauch betrifft.

Ich würde das aber auf den Nenner bringen, das Energie einfach zu billig ist. Wenn der Liter Sprit 5 Euro kosten würde, würden es sich die Leute vielleicht einmal mehr überlegen, nicht zentraler wohnen zu wollen, oder vielleicht sind sie dann finanziell dazu gezwungen. Wird sich alles ohnehin irgendwann selbst ergeben, dann sind wir wieder bei Paria und Adel.

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  •  2moose
  •   Gold-Award
26.3.2011  (#17)
Es gibt auch etwas zwischen zentraler (Stadt-)lage und der - "abgekappten Kleinsiedlung" - nämlich kleinstrukturierte funktionierende Einheiten. Das gabs alles schon mal, wurde nur durch unser zentrralistisches Einkaufsverhalten, den Run auf die Gymnasien und der Ausblendung von Zeitaufwand und Kosten die mit Arbeitsplätzen weit weg in der Stadt verbunden sind. Jetzt wird geraunzt weil Nahversorger, Schule und Lehrplatz futsch sind. Und die Stadt ist mittlerweile so groß, dass man aus dem Umland schneller am Arbeitsplatz ist als wenn man einmel quer durch die Stadt muss. Die Stadt ist kein Allheilmittel ... bestenfalls ein Ökonomisches. Und nicht mal das, die Mehrkosten für Wohnraumbeschaffung und -erhaltung müssen erst mal verdient werden. Auch für die Öffis - denn ganz will man aufs Auto auch nicht verzichten. Große Zentren bedingen auch weite Transportwege für die Güter des täglichen Bedarfs.
Die Wahrheit liegt immer irgendwo dazwischen ...

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  •  dandjo
  •   Gold-Award
26.3.2011  (#18)
Der Zug für die kleinstrukturierten funktionierenden - Einheiten (mir bekannt als Klein- bis Kleinststädte) ist aber durch die massive Zersiedlung abgefahren. Man findet immer weniger Jugendliche und junge Leute, vor allem junge Mütter in diesen Gegenden, die meisten suchen die Karriere in der Großstadt. Das haben eben die kleinen netten Einheiten versäumt, nämlich Betriebe anzusiedeln, was sich aber wieder mit der ach so genialen Idylle nicht ganz so gut verträgt. Dort wo noch Betriebe überleben konnten, boomen die Gemeinden, die aber mittlerweile auch schon so zersiedelt sind, dass dort das gleiche Problem besteht. Die einzige Ausnahme bilden noch Tourismusregionen, wo der Kleinhandel größtenteils durch Touristen aufrecht erhalten wird. Die Wahrheit dazwischen ist Wunschdenken, wenn das übermäßige Fleisch, das wir verzehren, nicht vom Bauern in der Ortschaft, sondern tausende Kilometer weit durch die Landschaft kutschiert wird. Muss ja so sein, denn den stinkenden Saustall in der Nachbarschaft will auch niemand und selbst wenn man ihn in die Prärie verbannt, wird sich dort früher oder später auch jemand ansiedeln, da die Grundstücke dort so vermeintlich günstig sind. Wir drehen uns überall im Kreis und der Trend zur großverstädterung ist präsent. Das kannst du nur stoppen, in dem du dich der Globalisierung entziehst.

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  •  TDI nie
  •   Silber-Award
27.3.2011  (#19)
was soll der Vorteil sein



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  •  2moose
  •   Gold-Award
27.3.2011  (#20)
Das Allheilmittel "Betriebsansiedlung" ... bei dem die - Gemeinden den Grund quasi verschenken, teuer aufschließen und ein paar Jahre später nach dem Konkurs auf einer Gewerberuine samt Steuerschulden und Arbeitslosen sitzen bleiben. Das ist alles zu sehr auf Boomen, auf schnelles Wachstum und nicht auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Und ja, wenn die Bewohner zu doof sind, kannst keinen Krieg gewinnen - dass man für einen vermeintlich gutbezahlten Auswärts-Job ein Fahrzeug und viele Stunden Freizeit beistellen muss, scheint nur selten im Vergleich auf. Da das Fahrzeug aber ohnehin schon da ist - um auswärts einzukaufen und die Wertschöpfung abzutranportieren - scheint das kein Kriterium zu sein.
Die Stadt als Lebensraum ist schon ok - für jene, die das packen und die Unverbindlichkeit bevorzugen. Es ist aber kein Modell gegen die Zersiedelung - das ist vielmehr ein Kommunikationsproblem. Zwischen Nachbarn untereinander und mit der Gemeinde ... man will schließlich seine Rechte gewahrt wissen, bestmöglich ausreizen und keine Vorschläge oder Einwürfe hören. Auch fehlt in vielen Gemeinden der Generalplan für das Wachsen derselben, mehr als Zirkel und Lineal kommen da nicht zur Anwendung. Das leere Säckel will rasch und ohne Aufwand gefüllt bzw. gestopft werden.
Eine kleine funktionierende Einheit muss lange keine Stadt sein - es braucht nur Nahversorger, Kindergarten, Schule, Kirche, Arzt, Wirtshaus und ein paar weiter Einrichtungen, um nicht regelmäßig weiter weg seine täglichen Bedürfnisse befriedigen zu müssen. Und es braucht eine aktive Gemeindeführung - keine gelangweilten Teilzeitbürgermeister ... und ebenso aktive Bewohner ... die sind rar, aber es gibt sie :) Alles nicht neu, hatten wir alles schon mal - und periodisch kommts auch wieder, wenn auch nur in Fragmenten.

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  •  dandjo
  •   Gold-Award
27.3.2011  (#21)
Nahversorger, Kindergarten, Schule, Kirche, Arzt, Wirtshaus - und ein paar weitere Einrichtungen siedeln sich aber nicht in Gemeinden an, die von Abwanderung geprägt sind und wo die Einwohner zum wöchentlichen Großeinkauf am Samstag in die nächste Stadt fahren, da die Hausfrauen dann gleich zum Kleidungsdiskonter und zum deutschen Schuhverkäufer strandeln gehen können. Das Kaffeehaus ist auch gleich nebenan, wie praktisch. Die Kirche ist ohnehin meist schon ein Relikt aus vergangenen Zeiten, der Arzt unterqualifiziert und der Nahversorger kämpft mit Förderungen um sein Überleben. Den Kindergarten gibt es auch woanders, eine einzige Provinz-Schule erfüllt nicht die Ansprüche heutiger Bildung (besonders nach dem vierten Schuljahr). So sieht leider die Realität aus.

Solange Autofahren verhältnismäßig günstig ist, Energie nichts kostet und Geiz ist geil, sprich Geld regiert, sehe ich schwarz.

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