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Rücktritt von Vertrag möglich? [W]

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  •  PhilippG
  •   Bronze-Award
  •  [W]
  •  [Wien]
14.7. - 19.7.2023
12 Antworten | 6 Autoren 12
12
Liebe alle

Bei uns läuft zwar soweit alles ganz ok beim Bauen (Holzriegel-Rohbau ist fertig, Estrich kommt nächste Woche), allerdings haben wir immer wieder Probleme mit unserem Baumeister, der uns die Bodenplatte (gerade noch rechtzeitig) gemacht hat, und jetzt noch die Aussenanlagen machen müsste.

Mit der Bodenplatte gab es schon ziemliche Verzögerungen vom schriftlich vereinbarten Fertigstellungstermin, aber zum Glück ist sich noch alles ausgegangen.

Allerdings wird jetzt, wo die Aussenanlagen zu machen wären, schon wieder ein schriftlich vereinbarter Termin nicht eingehalten und schön langsam reicht es mir!

Ich überlege also, vom Vertrag zurückzutreten. Soweit ich weiss, wäre das möglich wenn ich schriftlich eine Nachfrist definiere und explizit in dem Schreiben festhalte, dass ich im Fall des Nichteinhaltens der Nachfrist den Vertrag kündige. Dann müsste ich aber eben bei Nichteinhaltung der Frist fix kündigen und ich weiss noch nicht 100% ob ich das will, da ich erst weitere Angebote einholen muss.

Lieber würde ich mir ein Hintertürchen offenlassen. Daher meine Frage:

Wäre es auch möglich schriftlich eine Nachfrist zu definieren und festzuhalten, dass ich mir die Kündigung des Vertrags vorbehalte, sollte die Frist nicht eingehalten werden? Das würde mir beide Optionen offenlassen. Aber ich weiss eben nicht, ob so ein Rücktritt vom Vertrag (ohne Pönale) rechtens wäre.

Ich wäre sehr dankbar für eine Antwort!

LG

  •  herbiw
  •   Bronze-Award
17.7.2023  (#1)
Es beginnt mal damit was du da wofür überhaupt Unterschrieben hast.
Wenn du EINEN Vertrag mit dem Baumeister hast in dem von der Bodenplatte bis zu den Außenanlagen alles drinnen ist, wird das zurücktreten bissal schwer. Aber selbst nur für die Außenanlagen wird es interessant wenn da schon Leistungen passiert sind (du schreibst von zumindest einem nicht gehaltenen Termin).

Was du machen kannst/sollst:

a) Reden. Mach einen Termin in der du Probleme in der Vergangenheit, den aktuellen (Zeit)Plan usw. durchsprichst und schau ob ihr auf einen grünen Zweig kommt. Dazu natürlich ein schriftliches Protokolldurch dich, dann hast du auch alles dokumentiert.

Sollte das nix werden ist die Frage was die Alternative ist. Für

b) rechtliche Schritte (ja auch eine Vertragskündigung ect. unterliegt natürlich regeln) solltest du wissen was du tust und was du willst und welche Konsequenzen das für dich hat.
Du hast scheinbar einen aufrechten Vertrag, von dem her würde ich mich profesionell beraten lassen. 

Sobald du das Thema nämlich angehst ist der Baumeister (logischerweise) nicht mehr dein Freund. Er hat aber sicher schon zig ähnliche Fälle gemacht und kennt das Parkett auf dem er sich bewegt. Du (was aus deinem Post zu entnehmen ist) hast noch wenig Ahnung von der Materie. 
D.h. bevor du in einen bestehenden Vertrags eingreifst schau mal ob es notwendig ist und was es für dich bedeutet.

1
  •  PhilippG
  •   Bronze-Award
17.7.2023  (#2)
Vielen Dank für die Antwort!

Ja, Reden ist eh meine erste Wahl. Ich möchte gerne rechtliche Schritte vermeiden und setze sehr viel auf amikale Einigungen. Aber ich sehe auch nicht ein, wieso wiederholt schriftlich vereinbarte Termine nicht eingehalten werden und ich dann gegebenenfalls mit Verzögerungen und/oder Mehrkosten leben muss.  Jetzt hat er mir eh hoch und heilig versprochen, diese Woche noch zu kommen...Wenn er das macht, dann passt es eh noch.

Es stimmt, dass ich hier kein Experte bin und ich habe EINEN Vertrag/Auftrag für alle Arbeiten incl Aussenanlagen. Allerdings scheint es mir schon relativ klar, dass man bei Verzug vom Vertrag zurücktreten kann, oder? Siehe zB https://www.rechtsanwalt-hoeltl.at/verzug-am-bau-ruecktritt-vom-bauvertrag/

Du hast aber sicher recht, dass man so einen Schritt nur als letzten Ausweg und mit entsprechender Beratung machen sollte.

1
  •  herbiw
  •   Bronze-Award
17.7.2023  (#3)

zitat..
PhilippG schrieb:
Es stimmt, dass ich hier kein Experte bin und ich habe EINEN Vertrag/Auftrag für alle Arbeiten incl Aussenanlagen. Allerdings scheint es mir schon relativ klar, dass man bei Verzug vom Vertrag zurücktreten kann, oder? Siehe zB https://www.rechtsanwalt-hoeltl.at/verzug-am-bau-ruecktritt-vom-bauvertrag/

Recht ist ein wenig komplexer als eine Seite im Netz googlen emoji
Wobei in deinem Fall reicht sogar die eine Seite. Weiter unten steht:

Jedoch ist festzuhalten, dass nicht jeder Verzug mit einer Leistung zu einem sofortigen Rücktrittsrecht der anderen Partei führt. So rechtfertigen laut der Rechtsprechung etwa nicht alle Koordinierungsprobleme, die nahezu bei jedem Bauprojekt und umso mehr bei einem Großprojekt auftreten, eine sofortige Vertragsauflösung durch den Werkbesteller. Es ist im Einzelfall auf Grundlage des gesamten Sachverhalts im Detail zu prüfen, ob ein Rücktrittsrecht vorliegt und ob eine Nachfristsetzung erforderlich ist.

Das bedeutet im Klartext, dass sich die Sachverständigen (ja, die kosten und nicht wenig) von dir und ihm darüber austauschen werden ob ein Recht darauf vorliegt... wobei diese Kosten dann eh nur Peanuts sein werden, weil noch weiter unten steht:

Einvernehmliche Beendigung

Eine einvernehmliche Beendigung des Vertrags ist jederzeit mit Zustimmung aller Vertragsparteien möglich und kann im Interesse aller Parteien unter Umständen jahrelange kosten- und zeitintensive Gerichtsprozesse hintanhalten, weshalb auch diese Möglichkeit von den Parteien in Erwägung gezogen werden sollte.

Das bedeutet im Klarheit, wenn ihr euch nicht einvernehmlich einigt kann es unter Umständen (Wahrscheinlichkeit ist nicht so gering) letzlich viel mehr Zeit und Geld kosten als darauf zu warten, dass er es in seinem Tempo weitermacht. Den bei dir ist ja scheinbar bisher alles soweit erledigt worden... nur ggf. später. Da gibts am Bau ganz andere Geschichten.

Conclusio:
Ein Post sagt nicht viel aus. Aber wenn es bei dir keine gröberen Mängel gibt, alles wie geplant hergestellt wurde und das vielleicht sogar zu den geplanten Kosten hast du wirklich großes Glück gehabt wenn das Bauprojekt in Summe passt bis auf ein paar Wochen oder 2-3 Monate Verspätung. Wenn dem so ist, dass weißt aber nur du.

D.h. mach dich mal im Bekannten- und Freundeskreis schlau - oder auch hier im Forum mit konrketen Beispielen - ob du über fehlenden Rosinien jammerst oder wirklich da etwas im Argen liegt.

WENN zweiteres vorliegt ab zu einer qualifizierten rechtlichen Beratung. Ja die kostet Geld. Wenn du aber am Ende (vielleicht!) gewinnen willst und es letztlich nicht schlechter/teurer werden soll als es von alleine geworden wäre ist es der einzige vernünftige Weg.


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  •  PhilippG
  •   Bronze-Award
17.7.2023  (#4)
Vielen Dank für die Antwort.

Da ich aus einer Anwaltsfamilie komme, weiss ich, dass Recht komplizierter ist, als auf einer Seite zu googlen - vielen Dank für den Hinweis. Ich nehme an du bist Rechtsanwalt?

Wie gesagt, vielleicht erledigt es sich eh von selbst - ich hoffe es.

Womit ich bei Dir nicht übereinstimme: wieso sollte ich 2-3 Monate Verzögerung von einem vertraglich vereinbarten Termin in Kauf nehmen, damit der Baumeister "in seinem Tempo" arbeiten kann?

Meine Conclusio: Falls es weiterhin hakt, direkt einen Anwalt aufsuchen anstatt zu posten :)

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  •  herbiw
  •   Bronze-Award
17.7.2023  (#5)
Kein Anwalt, aber Haus gebaut und Anwälte im Freundeskreis.
@Conclusio: Es kommt halt immer drauf an. Ob du (in deinem Fall) dieses oder jedes Recht hat => Da bist hier falsch wenn du dich auf die Antwort stützen willst.
Wenn du wissen willst ob jemand ähnliches Erfahrungen gemacht hat (egal ob bezüglich Baufirma, Rechtsanwalt,...) wie es bei anderen gelaufen ist ect. bist du hier goldrichtig.

@Übereinstimmen:
Es kommt halt immer drauf an.  Deine genaue Situation kenne ich nicht. Wenn du aber ein Haus baust und am Ende bekommst du das was du bestellt hast, zahlst was vereinbart war und es gibt keine groben Mängel und der Initiale Zeitplan ist um 8 Wochen überzogen - bist du definitiv und 100% in der glücklicken Minderheit (unter 50%) der Häuslbauer.

Es ist einfach so, dass es Einflussfaktoren wie Zulieferer, Wetter,... gibt. Dann hat ein Baumeister in der Regel mehr als eine Baustelle, ist überall auch von Subfirmen abhängig... manchmal drohen Pönalzahlungen (bei dir scheinbar nicht) und und und... Wenn ich es richtig verstehe ist bis jetzt (Außenanalagen !!! Haus ist fertig !!!) alles quasi perfekt gelaufen. 1 Termin bei der Bodenplatte wurde überschritten, der aber letzlich scheinbar keine Auswirkung hatte.  Von meinem Gefühl her (kann da natürlich auch falsch liegen) bist da wahrscheinlich sogar bei den TOP 20% der glücklichsten Häuslbauer. 

Ein Haus bauen ist keinen TV kaufen. Im Haus wirst du (geplant aus heutiger Sicht) wahrscheinlich 50+ Jahre leben wollen. Sind da 2-3 Monate (wenn letzlich geliefert wird in der gewünschten Qualität) einen Rechtsstreit wert? Das musst du wissen emoji

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  •  PhilippG
  •   Bronze-Award
18.7.2023  (#6)
Ich glaube, der Einflussfaktor für Verzögerungen ist, dass gewisse Firmen einfach bewusst zuviele Aufträge annehmen um den Gewinn zu maximieren und dann eben (bewusst) in Kauf nehmen, dass einige Termine nicht eingehalten werden.

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  •  Gemeinderat
  •   Gold-Award
18.7.2023  (#7)
2021 unterschrieben
2022 Baubewilligung
Dann wurde 2,5 Monate später erst begonnen
immer wieder mit Unterbrechungen

Jetzt Bausperre (Tourismus) 
Somit nicht vor Oktober fertig - somit 1 Jahr Bauzeit. 

Lt Bau-Vertrag: ca. 5-6 Monate nach Baubeginn.
Das wäre Ende April gewesen.

Denk ans große Ganze. Wenn das gepasst hat, die Preise +/- gehalten haben UND nichts unvorhergesehenes dazu gekommen ist, kannst dich glücklich schätzen... 


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  •  scarpej
  •   Bronze-Award
18.7.2023  (#8)

zitat..
PhilippG schrieb: Womit ich bei Dir nicht übereinstimme: wieso sollte ich 2-3 Monate Verzögerung von einem vertraglich vereinbarten Termin in Kauf nehmen, damit der Baumeister "in seinem Tempo" arbeiten kann?

 

zitat..
PhilippG schrieb: Ich glaube, der Einflussfaktor für Verzögerungen ist, dass gewisse Firmen einfach bewusst zuviele Aufträge annehmen um den Gewinn zu maximieren und dann eben (bewusst) in Kauf nehmen, dass einige Termine nicht eingehalten werden.

Ich würde gerne verstehen, welche Motivation hinter dem "Nichtakzeptieren" einer Verzögerung steht. Geht es dir hier nur ums Prinzip oder entsteht dir ein ein maßgeblicher Schaden? 

Du schreibst, im Grunde geht es "OK" auf der Baustelle zu. Wozu dann der Stress? 
Ich weiss schon, mein Kommentar ist nicht "sachdienlich", aber vielleicht denkst über


zitat..
PhilippG schrieb: Meine Conclusio: Falls es weiterhin hakt, direkt einen Anwalt aufsuchen anstatt zu posten :)

den Teil nochmal nach, sowie meine Vorredner wunderbar ausgeführt haben...
(Bau)projekte gelingen immer nur Miteinander und einem "gewissen" Maß an Verständnis füreinander... (natürlich hat aber alles seine Grenzen)

LG




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  •  PhilippG
  •   Bronze-Award
18.7.2023  (#9)
Also ich bin offenbar ein bisschen am falschen Dampfer. Wenn mir jemand schriftlich einen Termin zusagt, dann gehe ich im Allgemeinen davon aus, dass dieser eingehalten wird. Für alle unsere anderen Firmen (Zimmerei, Dachdecker, Estrichleger, Installateur, Elektriker) ist das auch komplett selbstverständlich

Vielleicht habe ich durch diese "Glücksfälle" ein beschönigtes Bild. Aber ich finde schon, dass man es den Firmen ein bisschen zu leicht macht wenn man von vornherein sagt, dass man Verzögerungen (zB im hypothetischen Ausmass von 2 Monaten) einfach so akzeptiert - obwohl etwas anderes vertraglich vereinbart wurde. "Einflussfaktoren" wie Wetter, Materialknappheit, etc. halte ich für vorgeschoben; der wahre Grund scheint mir schlicht und einfach, dass zuviele Aufträge angenommen werden und, dass dies offenbar so in Kauf genommen wird. Finde ich nicht ok.

Ein "massgeblicher Schaden" entsteht mir nicht, aber natürlich möchte ich (uA aufgrund Schulanfang eines Kindes) nicht (viel) zu spät einziehen.  

Ich sehe aber, dass viele Leute mit viel mehr Erfahrung im Bauen  (= ihr) das etwas anders sehen und liege daher vielleicht einfach falsch, bzw habe vielleicht einfach unrealistische Vorstellungen. Vielen Dank jedenfalls für Eure Beiträge, bzw. das "Zurechtrücken" der Perspektive.

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  •  Stoffal02
  •   Silber-Award
18.7.2023  (#10)
Das Problem ist halt auch, wenn ihr einen Ferttigstellungstermin ohne Pönalezahlungen vereinbart habt, dann weiß der Baumeister auch dass ihm in den wenigsten Fällen etwas passieren wird. Weil den Weg zum Anwalt und zum Gericht die Wenigsten beschreiten

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  •  PhilippG
  •   Bronze-Award
18.7.2023  (#11)

zitat..
Stoffal02 schrieb:

Das Problem ist halt auch, wenn ihr einen Ferttigstellungstermin ohne Pönalezahlungen vereinbart habt, dann weiß der Baumeister auch dass ihm in den wenigsten Fällen etwas passieren wird. Weil den Weg zum Anwalt und zum Gericht die Wenigsten beschreiten

Ja, das steht ganz oben auf der Liste der Dinge die ich - sollte ich jemals nochmal bauen - anders machen würde :)


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  •  Akani
19.7.2023  (#12)
Ich komme auch vom Bau. Es ist normal dass sich mal was verschiebt.
Es kommt daher weil kein Bau so verläuft wie im Bilderbuch und so Verzögerungen zustande kommen.
Aber was sind bei einem Bauwerk für Haufenweise Geld ein paar Wochen .
Ich finde es sollte nur etwas Zeit dazwischen geplant sein dann geht's auch viel stressfreien.

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