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ÖNORM B2111 - was darf abgerechnet / draufgeschlagen werden?

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  •  wiener19
25.3.2020 - 19.10.2021
8 Antworten | 6 Autoren 8
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Liebe Leute,

In den AGBs für die Erstellung eines Unterbaus steht drinnen, dass (nach Ablauf der Preisbindungsfrist) die Preisgleitregel nach ÖNORM A 2050 bzw. B 2111 für die Lohn- und Materialkosten gilt. Abgesehen vom Verweis auf die ÖNORMEN wird jedoch nicht näher spezifiziert, wie die Preisumrechnung genau gemacht wird. In den AGBs wird auch der Baukostenindex nicht genannt der hier verwendet wird bzw. werden soll. Als Basis der Preisumrechnung werden die Lohn- und Materialkosten des Angebots definiert.
Das angebotene Grundpaket wird aber gar nicht nach Lohn- und Materialkosten aufgegliedert.
Was steht hier in den ÖNORMEN drinnen? Nach welchen Regeln darf hier ein Aufschlag verrechnet werden?

Was darf die Firma hier nach welchen Kriterien aufschlagen wenn die Leistung ca. 16 Monate nach Vertragsabschluss erbracht wurde?

Danke.

  •  Turbissimo
25.3.2020  (#1)
Grundsätzlich wird hier der vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) monatlich veröffentlichte Baukostenindex für Hochbau herangezogen. Die WKO veröffentlicht diesen auch: 
https://www.wko.at/service/zahlen-daten-fakten/Baukosten-_und_Baupreisindex.html
Getrennt wird die Preisgleitung danach für Lohn und Sonstiges (Material) berechnet. Da bei euch keine Aufgliederung stattgefunden hat - müsste man die Kalkulation des Unternehmens für die Trennung Lohn-Sonstiges heranziehen, wenn es denn eine gibt...
Dann ist der Basisindex der zu dem Zeitpunkt als das Angebot ausgestellt wurde - über den Index des tats. Ausführungszeitraumes kann man dann die jeweiligen Gleitungskosten für jede Position berechnen. 
Bei 16 Monaten sollten da aber keine riesen Summen raus kommen - Lohn steigt pro Jahr zwischen 2 und 3% - beim Material war die Steiegerung in letzter Zeit höher viel mehr als 5% sollten da pro Jahr aber auch nicht zusammen kommen 



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  •  GeorgL
  •   Gold-Award
25.3.2020  (#2)

zitat..
wiener19 schrieb: ca. 16 Monate nach Vertragsabschluss

 Wie steht die Preisbindungsfrist genau drin im Vertrag? Gilt die nicht nur für die Angebotsannahme/Auftragserteilung? War dem Auftragnehmer bei Auftragserteilung schon der (so viel spätere) Ausführungszeitraum bzw. Abrechnungszeitraum (vulgo Bauzeitplan) bekannt?


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  •  wiener19
25.3.2020  (#3)
Danke für die Hinweise. Der Auftrag wurde zusammen mit dem Hauskauf erteilt. Die Zeitverzögerung kam durch die Erstellung des Einreichplans und das Warten auf den Baubescheid zustande.

D.h. der Verweis auf die ÖNORM reicht hier um eine Indexierung vorzunehmen? Müsste in den AGB nicht genau definiert sein welcher Index herangezogen wird, oder steht das dezidiert in der ÖNORM drinnen, auf die man jedoch keinen Zugriff bekommt, da nicht frei verfügbar? Gilt bei der ÖNORM B 2111 nicht ein Schwellenwert von 2%, d.h. eine Gesamt-Anpassung von weniger als 2% wäre nicht möglich?

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  •  ap99
  •   Gold-Award
25.3.2020  (#4)

zitat..
wiener19 schrieb: D.h. der Verweis auf die ÖNORM reicht hier um eine Indexierung vorzunehmen?


Auszüge ÖN B2111

5.2 Voraussetzungen für die Umrechnung veränderlicher Preise

5.2.1 Allgemeine Voraussetzungen

5.2.1.1 Preisumrechnungen müssen durch Veränderungen (Erhöhungen oder Ermäßigungen) der vereinbarten Preisumrechnungsgrundlagen verursacht sein. Erhöhungen und Ermäßigungen sind gegeneinander auf zurechnen.

5.2.1.2 Sofern als Preisumrechnungsgrundlage kein Index oder Veränderungsprozentsatz 6 ) vereinbart ist, gilt:

1) Der Umstand der Veränderung ist vom AN innerhalb von 3 Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem der AN davon Kenntnis hätte erlangen können, nachweislich mitzuteilen. Bei verspäteter Mitteilung der Erhöhung von Preisumrechnungsgrundlagen wird diese Erhöhung erst zu jenem Zeitpunkt berücksichtigt, der 3 Monate vor Einlangen der Mitteilung beim AG liegt. Bei verspäteter oder unterlassener Mitteilung der Ermäßigung von Preisumrechnungsgrundlagen kann der AG bis zur Fälligkeit der Schlussrechnung die Berücksichtigung der Ermäßigung mit dem Tage ihres Eintretens verlangen.

2) Das Ausmaß einer Veränderung von Preisumrechnungsgrundlagen ist vom AN nachzuweisen. Bei Veränderungen auf Grund von Gesetzen, Verordnungen, Kollektivverträgen ist es ausreichend, darauf unter Angabe der Quelle hinzuweisen.
___________________________

5.3 Durchführungsbestimmungen

5.3.1 Als Preisbasis für die Umrechnung veränderlicher Preise gilt das Ende der Angebotsfrist; bei Fehlen einer Angebotsfrist gilt das Datum des Angebotes.

5.3.2 Die Preisumrechnung erfolgt nur für jene Teile der Leistung, die ab dem Tag (Stichtag) erbracht werden, an dem die Voraussetzungen nach 5.2 erfüllt sind.
___________________________

MMn reicht der Hinweis alleine "eigentlich" nicht oder hat dich der AN auf die Veränderung wie oben erwähnt hingewiesen? ... die Frage ist, was steht wirklich wortwörtlich in deinem Vertrag.

Nachdem der AN für den Verzug nicht verantwortlich ist (oder doch?), stellt sich halt die Frage ob hier nicht anstandshalber die Preissteigerung (bzw. zumindest teilweise), für die der AN nichts kann, bezahlt werden sollte.
Die ganze ÖN zusammenzufassen ist zumindest mir nicht möglich.

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  •  Spartacus
  •   Bronze-Award
26.3.2020  (#5)
Ohne den Vertrag zu kennen oder die Rechtsprechung durchgesehen zu haben, könnte der genannte Passus in Widerspruch zu § 6 Abs 1 Z 5 KSchG stehen, sofern du Verbraucher bist. In dem Fall wäre die Vertragsklausel ungültig.

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  •  wiener19
26.3.2020  (#6)
Liebe Leute,

Vielen Dank für eure Unterstützung.

In den AGB steht folgendes:

 - Der Auftraggeber erhält für die vertraglich vereinbarten Preise eine Preisgarantie von 3 Monaten ab Vertragsabschluss. Kommt es innerhalb dieses Zeitraumes nicht zur Fertigstellung, gilt die Preisgleitregel im Sinne der ÖNORMEN A 2050 Stand 1.11.2006 und B 2111 Stand 1.5.2007 und gelten die Preise als veränderlich. Preisbasis sind die dann die zum Zeitpunkt der Anbotslegung gültigen Lohn- und Materialpreise.

 Auftragserteilung war am 29.10.2018. Auftragsbestätigung am 18.12.2018.

Die erbrachte Leistung war im Februar/März 2020 (da die Austellung des Baubescheides bzw. Planung des Bauprojektes solange gedauert hat. Die Auftragserteilung wird immer vor finaler Planung und Einreichung an die Baubehörde erfolgen. Es ist daher klar, dass zwischen Auftragserteilung und Erbringung der Leistung Zeit vergeht.)

Die "Preisindexanpassung lt. Baukostenindex" (lt. Baufirma ist dies die Anpassung nach ÖNORM B 2111) über 1,1 % wurde uns mit der ersten Teilrechnung im März 2020 verrechnet. Auf Nachfrage wurde uns mitgeteilt, dass der Index Wohnungs- und Siedlungswesen von Statistik Austria herangezogen wurde. Es handelt sich um ein Angebot ohne Aufschlüsselung der Lohn- und Materialkosten.

Wir stellen uns nun die Frage, ob dieser Index überhaupt herangezogen werden darf. Unserer Meinung nach hat dieser jedoh nichts mit der ÖNORM B 2111 zu tun, oder?

Uns wurde übrigens auch mitgeteilt, dass wir froh sein sollten nur 1,1% zahlen zu müssen, da uns auch einfach der Preis (bzw. die Differenz) lt. aktueller Preisliste verrechnet hätte werden können. Das wären ca. 6% gewesen. Unserer Meinung nach wäre dies rechtlich nicht möglich, was meint ihr?

Danke.

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  •  ap99
  •   Gold-Award
26.3.2020  (#7)
4.2.3 Für die Preisumrechnung sind als Preisumrechnungsgrundlage entweder für die Gesamtleistung oder für Leistungsteile jeweils anzugeben
...
3) hinsichtlich eines unaufgegliederten Preises z. B.:
– ein zutreffender Index (I Insgesamt)5 )
– der objektbezogene Warenkorb (W Insgesamt).
...

2) z. B. die Werte für „Lohn” der Baukostenveränderungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit je Arbeitskategorie

3) Berechnung im Sinne eines Warenkorbes

4) z. B. die Werte für „Sonstiges” des Baukostenindex für den Brückenbau der Statistik Austria oder der Baukostenveränderungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit je Arbeitskategorie

5) z. B. die Werte für „Insgesamt” des Baukostenindex für den Wohnhaus- und Siedlungsbau der Statistik Austria
https://www.statistik.at/web_de/statistiken/wirtschaft/preise/baukostenindex/index.html

Hinweis: zur "Ermittlung des Veränderungsprozentsatzes" gibt es unter 5.5.1 eine Formel zur Berechnung des %-Satzes.

____________________________________________

5.2.2 Erreichen des Schwellenwertes

5.2.2.1 Liegen in Preisanteile aufgegliederte Preise vor, ist die Preisumrechnung vorzunehmen, wenn der Veränderungsprozentsatz für einen der Preisanteile den Schwellenwert von 2 % erreicht. Nur für diesen Preisanteil ist die Umrechnung vorzunehmen.

5.2.2.2 Liegen in Preisanteile aufgegliederte Preise vor und ist für einzelne Leistungsteile jeweils eine eigene Preisumrechnungsgrundlage vereinbart, ist der Nachweis des Erreichens des Schwellenwertes von 2 % gesondert für diese Leistungsteile zu führen. Nur für diesen Preisanteil des Leistungsteiles ist die Umrechnung vorzunehmen.

5.2.2.3 Liegen unaufgegliederte Preise vor, ist die Preisumrechnung vorzunehmen, wenn der Veränderungsprozentsatz den Schwellenwert von 2 % erreicht.

____________________________________________

MMn darf der genannte Index herangezogen werden, allerdings wird der Schwellenwert von 2% nicht erreicht (lt. deiner Angabe 1,1%).

Nach aktueller Preisliste hätte mMn NICHT verrechnet werden können.

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  •  KurtMeixner
19.10.2021  (#8)
Nur interessehalber, hebt dieser Passus aus den AGBs

zitat..
wiener19 schrieb: Preisbasis sind die dann die zum Zeitpunkt der Anbotslegung gültigen Lohn- und Materialpreise.

diesen Passus auf?


zitat..
ap99 schrieb: 5.2.1.2 Sofern als Preisumrechnungsgrundlage kein Index oder Veränderungsprozentsatz 6 ) vereinbart ist, gilt:

1) Der Umstand der Veränderung ist vom AN innerhalb von 3 Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem der AN davon Kenntnis hätte erlangen können, nachweislich mitzuteilen. Bei verspäteter Mitteilung der Erhöhung von Preisumrechnungsgrundlagen wird diese Erhöhung erst zu jenem Zeitpunkt berücksichtigt, der 3 Monate vor Einlangen der Mitteilung beim AG liegt.

Wir haben einen ähnlichen Passus in unserem Vertrag (abgeschlossen im Dez. 2020), bisher aber noch nichts von einer Preiserhöhung gehört. Heißt das, wenn es dann doch einmal eine Benachrichtigung geben sollte, die Referenz wäre Benachrichtigungsdatum minus 3 Monate? Oder in jedem Fall "Zeitpunkt des Vertragsabschlusses", wie es in unserem Vertrag heißt?




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