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NÖ - Fertigstellungsanzeige fehlt? [NÖ]

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  •  Thuata
  •   Bronze-Award
  •  [NÖ]
  •  [Niederösterreich]
1.3. - 3.3.2023
4 Antworten | 3 Autoren 4
4
Hallo,
ich hoffe hier mal auf die versammelte Schwarmintelligenz ;)

Mein Vater hat im Jahr 1991 einen Ausbau des Hauses beantragt und genehmigt bekommen (Baugenehmigung liegt vor). Nach seiner Erinnerung gab es nach Abschluss der Bauarbeiten auch eine Begehung seitens der Gemeinde um die "konsensgemäße" Fertigstellung zu bezeugen. Leider hat er hierzu allerdings keine Unterlagen gefunden.

Jetzt hat er einen Brief von der Gemeinde bekommen, dass keine Fertigstellungsanzeige vorliegt und er diese nachreichen soll (s. Bild)


2023/20230301260605.jpg

Kann es tatsächlich sein, dass für einen Umbau der im Jahr 1991 stattgefunden hat das Baugesetz von 2014 zur Anwendung kommt und er jetzt all die Unterlagen die vor 30! Jahren benötigt worden wären neu erstellen und nachreichen muss?
Gibt es eine Aufbewahrungspflicht seitens des Bauherren/Besitzers über einen so langen Zeitraum hinweg?

  •  BungalowImGruen
  •   Bronze-Award
1.3.2023  (#1)
Ich nehme an, dass das bei Abgabe der Fertgstellungsmeldung aktuelle Gesetz gilt.
Bei uns wurde auch eine Endvermessung der Lage des Hauses zur Fertigstellung gefordert, obwohl das erst seit der einen Monat davor in Kraft getreten Bauordnung gefordert wurde. 
Bei mir zwar Steiermark, wird in der Hinsicht aber in NÖ nicht viel anders sein. 
Außer es war bei uns auch schon eine ungerechtfertigte Forderung der Gemeinde,  da wird uns Karl10 aber gleich aufklären, so wie ich ihn kenne! 😉

Unabhängig davon würde ich relevante Unterlagen für ein Bauvorhaben solange aufbewahren, solange es die Liegenschaft gibt 😉

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  •  Karl10
  •   Gold-Award
1.3.2023  (#2)
Mal grundsätzlich vorweg:
So was wie eine "Verjährung" gibt es im Baurecht (jedenfalls in NÖ) nicht. Wenn also eine Bewilligung fehlt, dann fehlt sie - auch nach Jahrzehnten.
Um ein Bauvorhaben benützen zu dürfen, war bis 1996 eine Benützungsbewilligung notwendig. Eine solche gibt es im Akt bei der Baubehörde nicht und auch du bzw. dein Vater verfügt über keine entsprechenden Nachweise. Also fehlt die Berechtigung zur Benützung.
Mit der Bauordnung 1996 wurde die früher notwendige Benützungsbewilligung durch eine sogenannte "Fertigstellungsanzeige" ersetzt. Auch diese wurde offensichtlich bisher nicht gemacht bzw. gibt es keinen Nachweis darüber.

Somit ist also klar: für den im Jahre 1991 bewilligten Dachbodenausbau gibt es bis heute kein Recht auf Benützung! Diese Berechtigung muss also jetzt nachträglich erlangt werden. Aufgrund der gesetzlichen Konstruktion (Übergangsbestimmungen) in der Bauordnung sind dafür nun die Bestimmungen des § 30 der NÖ Bauordnung 2014 ("Fertigstellung") anzuwenden.
Soweit ist die Vorgangsweise der Gemeinde mal grundsätzlich korrekt.

zitat..
Thuata schrieb: Kann es tatsächlich sein, dass für einen Umbau der im Jahr 1991 stattgefunden hat das Baugesetz von 2014 zur Anwendung kommt und er jetzt all die Unterlagen die vor 30! Jahren benötigt worden wären neu erstellen und nachreichen muss?

Das ist etwas ungenau von dir formuliert und hat niemand so gesagt. Korrekt muss man sagen, dass das "Verfahren" nach heutigen Bestimmungen abläuft (also Fertigstellungsanzeige statt Benützungsbewilligung), aber inhaltlich geht es um den Stand der Baubewilligung aus 1991. D.h. auch in diesem heutigen Fertigstellungsverfahren wird nur überprüft, was Gegenstand und Inhalt der Baubewilligung aus 1991 war. Mit anderen Worten: du musst weder rechtlich noch technisch "aufrüsten".
Keine Ahnung, was du mit "all die Unterlagen" meinst. Du musst jetzt zur Fertigstellungsanzeige exakt jene "Unterlagen" vorlegen, die damals im Bewilligungsbescheid 1991 als Auflage vorgschrieben wurden. Das war immer schon und standardmäßig ein Elektroattest und ein Kaminbefund. Dürfte auch in eurem Bewilligungsbescheid so stehen. Das hättet ihr damals schon in Händen haben müssen (für die Benützungsbewilligung) und solche Dokumente müsste man auch nachhaltig aufheben. Hat aber dein Vater nicht?
Sollte es diese Atteste und Befunde nirgendwo geben, ja, dann muss man sie tatsächlich neu erstellen lassen - dafür kann man jetzt nicht irgendwem anderem die Schuld zuschieben.
Allerdings: Diese Atteste und Befunde sind auf Basis der Baubewilligung und des Einreichplanes und des Standes der Technik aus dem Jahr 1991 zu erstellen - und nicht von heute!

zitat..
Thuata schrieb: Gibt es eine Aufbewahrungspflicht seitens des Bauherren/Besitzers über einen so langen Zeitraum hinweg?

"Pflicht" ist nicht das richtige Wort. Eher: aus Eigeninteresse. Das wär jetzt alles einfacher, wenn du was in der Hand hättest. Hast DU nichts und liegt auch bei der Baubehörde nichts auf, na, dann gibts halt keinen Nachweis für irgendwas (und Verjährung gibts auch nicht - siehe oben).

Eines ist mir jetzt aber nicht ganz klar:
Die Gemeinde fordert dich in ihrem Schreiben auf, eine Fertigstellungsanzeige abzugeben und ein Elektroattest und einen Rauchfangbefund vorzulegen.
Die Bauordnung sieht nach heutigen Bestimmungen als Beilage zur Fertigstellungsanzeige aber auch defintiv eine "Bauführerbescheinigung" vor. Verlangen sie diese also nicht?? Oder haben sie das im Schreiben vergessen? Oder agieren sie - weil schon soooo lang her - "großzügig" und verzichten "bürgerfreundlich" auf die Bauführerbescheinigung?? Das wär aber ein Schuß ins Knie, nämlich in DEINES! Denn § 30 NÖ Bauordnung sagt, dass eine nicht vollständige Fertigstellungsanzeige als "nicht erstattet" gilt. D.h. ohne Bauführerbescheigung besteht weiterhin kein Recht auf Benützung. Das ist Gesetz und kann von der Baubehörde nicht ausgehebelt oder uminterpretiert werden!

Noch folgende Fragen:

zitat..
Thuata schrieb: Nach seiner Erinnerung gab es nach Abschluss der Bauarbeiten auch eine Begehung seitens der Gemeinde um die "konsensgemäße" Fertigstellung zu bezeugen.

Das klingt ganz nach Benützungsbewilligungsverfahren (ehemals als "Kollaudierung" bezeichnet). Sind die damals ganz von alleine gekommen?? Glaub ich nicht! Hat dein Vater vielleicht doch eine Ansuchen um Benützungsbewilligung gestellt? Könnt ihr das wirklich nirgendwo finden? Und gibts das wirklich nicht im Bauakt? Und wenn es eine "Begehung" gab, da wurden doch immer Niederschriften aufgenommen? Auch davon keine Spur?

Und was war eigentlich der Anlass, dass die Baubehörde im Jahr 2020 eine "Begehung" vorgenommen hat???

 


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  •  Thuata
  •   Bronze-Award
3.3.2023  (#3)
Also Anlass für die Begehung im Jahr 2020 kann ich grad natürlich nicht sagen (werd ich aber klären).
Generell les ich aus deinen Ausführungen (vielen, vielen Dank dafür) erstmal die folgende Vorgehensweise:
1. Auf die Gemeinde gehen und Einsicht in den Bauakt verlangen um herauszufinden was eigentlich genau da ist und was nicht (Vorallem weil unsere Gemeinde aktuell in Hinsicht aufs Baurecht etwas auf Bauernfängerei unterwegs sein dürfte aber das ist eine andere Geschichte).
2. Mit der damaligen Baufirma Kontakt aufnehmen (gibts Gott sei Dank noch) und fragen, ob die irgendwelche Unterlagen haben? Ich geh jedenfalls davon aus, dass die Bauführerbescheinigung von denen erstellt werden müsste?
3. Ausschau nach einem Elektriker und Rauchfangkehrer halten die eine Bescheinigung aufgrund des Standes von 1991 erstellen können.

Für mich stellt sich aber auch dann (auch für die Zukunft schon eine Frage): Ich habe vor Kurzem meine Fertigstellung angezeigt und von der Gemeinde (theoretisch - s. weiter unten) keine Bestätigung über die Fertigstellung oder ähnliches erhalten. Ausschließlich eine "Kostennote" (früher wären das wahrscheinlich einfach STempelmarken gewesen). Ich habe von der Gemeinde auch keinerlei Unterlagen retour erhalten (Gott sei dank hab ich alles in doppelter und dreifacher Ausführung).
Jetzt seh ich aber eine "Kostennote" nicht als Bestätigung für irgendetwas (und kann verstehen, dass man Rechnungen nicht bis in alle Ewigkeit aufhebt) - oder lieg ich da falsch?

Zu meinem Glück (in dem Fall) musste ich für die Wohnbauförderung tatsächlich eine Bestätigung der Gemeinde über die konsensgemäße Errichtung vorlegen, hab also eine Dokumentation die ich auch bei irgendwelchen Dingen bis in Ferne Zukunft vorlegen kann.

Wie schaut das dann aber bei anderen Fällen aus? Müsste die Gemeinde nicht auch aktuell auch entsprechende Bestätigungen ausstellen um eben das Problem (Unterlagen sind "verschwunden") auch für die Zukunft abzusichern?

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  •  Karl10
  •   Gold-Award
3.3.2023  (#4)
Deine Punkte 1. - 3. sind total in Ordnung.
zu Punkt1) 
Zur Gemeinde gehen ist jedenfalls anzuraten. Man sollte jedenfalls selbst mal schauen, was dort alles im Akt ist. Und falls man was sebst nicht hat: gleich eine Kopie machen lassen.
zu Punkt 2)     
Waren die damals "Bauleiter" (vergleichbar mit dem heutigen "Bauführer")?
zu Punkt 3)
Elektroattest und Rauchfangbefund waren schon immer so eindeutige Dinge, die jeder (auch als Laie) gewußt hat. Noch mal nachdenken/nachschauen, ob es solche Atteste und Befunde nicht doch irgendwo gibt. Wer hat denn den Kamin am Beginn gekehrt? Der hat damals nichts darüber gesagt, dass es keinen Rauchfangbefund gibt??

Eines noch:
Ich hoffe aber doch, dass du (bzw. dein Vater) alle Einreichpläne mit Baubeschreibung und die Bauverhandlungsniederschrift sowie den Baubewilligungsbescheid in Händen hast, oder?? Bitte diese Unterlagen alle nochmal genau durchlesen!!!
Im Jahr 1991 hat es laut Bauordnung auch die Möglichkeit für bestimmte Fälle gegeben, dass die Baubehörde ausdrücklich auf eine Benützungsbewilligung verzichtet. Das müsste aber im Bescheid (allenfalls Bauverhandlungsniederschrift) ausdrücklich stehen.

zitat..
Thuata schrieb: Ich habe vor Kurzem meine Fertigstellung angezeigt und von der Gemeinde (theoretisch - s. weiter unten) keine Bestätigung über die Fertigstellung oder ähnliches erhalten.

Ist im Gesetz nicht vorgesehen. Die Baubewilligung gilt (im Gegensatz zu vor 1996) grundsätzlich auch als Recht auf Benützung. Damit dieses Benützungsrecht auch tatsächlich ausgeübt werden darf, verlangt das Gesetz allerdings die Abgabe einer "Fertigstellungsanzeige" (mit vollständigen Beilagen). Die gibt man ab und das war es. 
Wie bei vielen anderen Dingen auch, sollte man sich selbst jedoch einen Beleg dafür sichern. Gibt man die Fertigstellungsanzeige persönlich beim Gemeindeamt ab, dann kann man sich auf einer Kopie des Anschreibens an die Gemeinde (wo ja auch die Beilagen angeführt sind) eine Eingangsbestätigung anbringen lassen.
Schickt man die Fertigstellungsanzeige per mail, dann hat man sowieso den Nachweis (muss man natürlich aufheben). Wenn per Post, dann natürlich auch mit entsprechendem Sendungsnachweis.
Nur als Beispiel: wie du dein Bauansuchen eingebracht hast, hat dir da die Gemeinde ein Schreiben geschickt, wo sie dir ausdrücklich bestätigen, dass du ein Bauansuchen eingebracht hast?? Ich glaub nicht!

zitat..
Thuata schrieb: Ich habe von der Gemeinde auch keinerlei Unterlagen retour erhalten (Gott sei dank hab ich alles in doppelter und dreifacher Ausführung).

Ist ebenfalls nicht vorgesehen bzw. gar nicht möglich, da die Unterlagen ja im Bauakt bleiben müssen. Mit dem Bauansuchen musst du die Projekstunterlagen 3-fach einreichen. Ein Exemplar bleibt im Bauakt. Ein Exemplar hast du bereits mit dem Baubewilligungsbescheid zurückbekommen. Und das dritte Exemplar hat dein Bauführer einschließlich Bewilligungsbescheid bekommen. Die Gemeinde hat also nichts, was sie zurückschicken könnte.

zitat..
Thuata schrieb: (und kann verstehen, dass man Rechnungen nicht bis in alle Ewigkeit aufhebt) - oder lieg ich da falsch?

Baubewilligungen (einschließlich dazugehöriger Unterlagen) hebt man "auf alle Ewigkeit" auf!!

zitat..
Thuata schrieb: hab also eine Dokumentation die ich auch bei irgendwelchen Dingen bis in Ferne Zukunft vorlegen kann.

Auf diese "Dokumantation" für die Wohnbauföderung kommts überhaupt nicht an bzw. hat sie in einem Streit gem. Bauordnung eher geringen Wert. Wie schon gesagt: DU hast einen Baubewilligungsbescheid, Du hast ein Einreichprojekt mit Genehmigungsvermerk der Baubehörde, DU hast eine Fertigstellungsanzeige mit allen erforderlichen Unterlagen, deren Abgabe DU dir bestätigen hast lassen! Was willst du noch mehr??

zitat..
Thuata schrieb: (Unterlagen sind "verschwunden"

Wo, bei der Baubehörde oder bei dir? Da ist schon immer auch Selbstverantwortung dabei. Denn wenn sie bei der Baubehörde verschwinden sollten, dann hast du ja noch deine eigenen.....


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